Drohendes Museumsende:Schließbefehl

Wirtschaftsprüfer stellen das Museum Morsbroich in Leverkusen zur Disposition. Es war das erste in der jungen Bundesrepublik, das sich ganz der Kunst der Gegenwart widmete. Die Empfehlung passt zum kulturpolitischen Umgang mit Museen in NRW.

Von Georg Imdahl

Wenn Wirtschaftsprüfer beauftragt werden, den "Zuschussbedarf pro verkaufter Eintrittskarte" zu errechnen, dann muss nahezu jedes Museum um seine Existenz fürchten - wie jetzt das Museum Morsbroich in Leverkusen, gegründet 1951, das sich als erstes Haus in der jungen Bundesrepublik der Gegenwartskunst gewidmet hat. Das Kölner Büro des Wirtschaftsprüfers KPMG legt seine Schließung nahe. Gerade in Nordrhein-Westfalen, das sich gern mit seinem kulturellen Reichtum brüstet, ist es zur schamlosen Praxis geworden, Museen intern oder öffentlich zur Disposition zu stellen, um dann abzuwarten, wie hoch die Wellen der Empörung schlagen. So geschehen zuletzt in Bochum, Mülheim an der Ruhr oder in Marl, wo die Reaktionen heftig genug ausfielen, um den Bestand der Häuser zu sichern. Ausgerechnet bei der Kölner Josef-Haubrich-Kunsthalle, die die Ökonomen in ihrem Report zu Leverkusener "Optimierungspotenzialen" als Ausdruck einer vitalen Kunstszene in der Region hervorheben, halfen alle Proteste nicht: Sie wurde 2002 abgerissen.

Die Ministerin spricht schon von einem "schmerzhaften Verlust"

Auch der Versuch von Kämmerern, Kunstwerke aus Museumsbesitz zu verkaufen - was hierzulande aus guten Gründen als verpönt gilt -, hat Konjunktur in NRW. Ein Alibi lieferte jüngst die Landesregierung etwa durch den gewinnträchtigen, hoch umstrittenen Verkauf von zwei Bildern Andy Warhols, was in den Kommunen Nachahmer ermuntert, sich auf das fragwürdige Vorbild zu berufen. Bestätigt sehen dürfen sich nachträglich das Karl-Ernst-Osthaus-Museum in Hagen, das schon vor längerer Zeit ein "See-Stück" von Gerhard Richter versilberte, während in Krefeld und eben erst in Leverkusen Pläne zurückgewiesen wurden, Werke von Claude Monet und wiederum von Gerhard Richter in bare Münze zu verwandeln.

Zu Recht fürchtet Leverkusens Kulturdezernent Marc Adomat einen Imageverlust für die Stadt, zumal der vorgeschlagene Kahlschlag deren gesamte Kulturlandschaft betrifft, so auch den Zuschuss für die ehrwürdigen Leverkusener Jazztage. Konkrete Ideen zur Rettung des Museums habe er nicht, wie er im Gespräch eingesteht, seine vagen Hoffnungen stützen sich auf eine Äußerung von Landeskulturministerin Christina Kampmann: Morsbroich sei "ein Juwel", eine mögliche Schließung wäre ein "schmerzhafter Verlust". Wenn die Kölner Gutachter nun eine "ehrenamtliche Trägerschaft" für das Museum ins Spiel bringen, wirken ihre Empfehlungen zynisch. Sie passen aber in kulturpolitischer Hinsicht zum Umgang mit den Museen der Region.

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