Dokumentarfilm :Lebenskünstler auf vier Pfoten

Der türkische Dokumentarfilm "Kedi" von Ceyda Torun erzählt von sieben Straßenkatzen in Istanbul.

Von Kathleen Hildebrand

Ja, das hier ist ein Katzenfilm, aber er ist nicht so, wie man sich das vielleicht vorstellt. "Kedi" ist weder die Verfilmung eines sentimentalen Katzenkalenders mit Sinnsprüchen, noch die Langfassung eines pfotig-süßen Youtube-Videos.

Es kommt zwar vor, dass die Katzen in dieser großartigen Dokumentation von Ceyda Torun sehr schön aussehen und geradezu unfassbar reinlich für Straßenkatzen. Aber dieser Film ist sehr viel mehr als eine visuell beeindruckende Hommage. Torun porträtiert sieben Istanbuler Straßenkatzen. Sie folgt ihnen mit der Kamera, lässt die Menschen, in deren Nähe sie leben, von ihnen erzählen. Sie tun das sehr rührend, fast wie von Kindern, aber mit genau jener Restdistanz, die Reflexion ermöglicht. Und sie nimmt die unterschiedlichen Tierpersönlichkeiten so ernst, dass man meint, es mit menschlichen Lebenskünstlern, Genießern oder Psychopathen zu tun zu haben.

Nebenbei entsteht aber noch etwas ganz anderes in diesem Film, bei dem man sich natürlich fragen kann, wieso die Regisseurin in politisch schwierigen Zeiten nun gerade von Istanbuls Straßenkatzen erzählt und nicht von Politikern, Aktivisten oder Professoren mit Berufsverbot. Hinter einer Katze ist einmal ein Graffito zu lesen: "Erdo-Gone" steht da an einer Hauswand, deutlicher wird der Film nicht. Er erzählt aber sehr wohl von einem Gefühl des Verlusts. Von Orten, an denen Katzen - und wohl auch Menschen - gut leben können. "Kedi" ist das subtile Porträt einer Metropole, deren Bewohner versuchen, sich Lebensfreude, Mitgefühl und eine positive Form des menschlichen Zusammenlebens zu erhalten.

Kedi, Türkei/USA 2016 - Regie: Ceyda Torun. Kamera: Charlie Wuppermann. Schnitt: Moe Stoebe. Musik: Kira Fontana. Verleih: Weltkino, 79 Minuten.

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