Diskussion:Einig beim Thema Gema

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Die Landtagsparteien bekennen sich im Feierwerk zur Popkultur

Von Michael Zirnstein, München

Beim Thema Gema sind sich alle einig: Wenn die Musikgebühreneinzugszentrale künftig ihre Tarife ändere wie zuletzt für die Jugendzentren, sollen Betroffene - wie vom bayerischen "Rock-Intendanten" Bernd Schweiner gefordert - eine Schiedsstelle anrufen können. Das würde ihnen "horrende Klagekosten" ersparen. In diesem Fall können die vier Landtagsabgeordneten - Robert Brannekämper von der CSU, Isabell Zacharias von der SPD, Ulrike Grote von den Grünen und Michael Piazolo von den Freien Wählern - leicht viel versprechen, da hier nicht der Freistaat in der Pflicht ist, sondern der Bund. Ebenso bei der Frage, wann Helfern bei Rockfestivals Mindestlohn gezahlt werden müsse - hier beklagen die Veranstalter eine Rechtsunsicherheit. Wieder verweisen die Politiker auf Berlin - und versprechen: Wenn der Veranstalter kein Gewerbe mit Gewinnabsicht betreibt, soll er seine ehrenamtlichen Helfer auch mit Biergutscheinen und freiem Eintritt entlohnen dürfen.

Aber wo nun kann die Landespolitik die Popkultur wirklich unterstützen - das wollen Netzwerker und Spielstättenbetreiber von den vier Fraktionsvertretern erfahren, die der Verband für Popkultur in Bayern (VPBy) zur Podiumsdiskussion im Feierwerk geladen hat. Konsens herrscht beim Ausbau des Öffentlichen Verkehrsnetzes, was Clubs und Festivals auf dem Land zugute käme, bei denen VPBy-Vizechef Bernd Strieder "massive Probleme" sieht. Ein Modellprojekt in Tirschenreuth, bei dem Veranstalter, Passagiere und Landkreis für Shuttle-Busse zusammenlegen, halten alle für mustergültig. Ein flächendeckendes System könne aber Jahre brauchen.

Wo die Landespolitik ebenfalls jenen, die "da draußen den Kopf hinhalten für die Popkultur" (so Moderator Ralf Summer vom "Zündfunk") helfen könnte, ist die Lockerung des Tanzverbotes an stillen Feiertagen. "Wir dürfen derzeit bei uns im Harry Klein nur bis zwei Uhr nachts hineinfeiern, das ist ein Witz", sagt David Süß vom Verband der Münchner Kulturveranstalter, "dabei stören wir doch niemanden - die Christen, die am Morgen in die Kirche gehen, schlafen da ja eh." Ein "Reinfeiern bis zur Putzstunde um vier oder fünf Uhr" befürworten Grote von den Grünen und Zacharias von der SPD, Brannekämper von der CSU will den Vorschlag zumindest zu den Parteikollegen "mitnehmen", Piazolo von den Freien Wählern wünscht sich eine "offene Debatte" zu dem Thema. Grote fordert generell eine Diskussion über die stillen Tage: "Klassikkonzerte darf man da ja auch spielen. Wer entscheidet, was angemessene Musik ist?"

Und das ist der Knackpunkt: Popmusik wird in Bayern, wo "die öffentliche Förderung mehr der Hochkultur in die Hände spielt" (Grote) und wo der Papst ganz selbstverständlich nur mit Volksmusik empfangen wird (Zacharias) eben oft als Lärm empfunden, weniger als Kulturgut und sozialer Kitt. "Es gibt immer mehr Anwohnerbeschwerden", berichtet Axel Ballreich vom Konzertbüro Franken. In Berlin müssten Investoren bei Neubauten den Lärmschutz bezahlen und bestehende Clubs schützen. Aber hierzulande: "Ein zäher Anwohner kann einen Laden kaputt machen", sagt Ballreich. Das strenge Raucherschutzgesetz hat die Situation verschärft, weil alle auf der Straße qualmen müssen. Ausgewiesene Kulturzonen, wo fünf Dezibel mehr erlaubt seien, hält Brannekämper für gut - und gibt "den Auftrag" an die Kommunen weiter. Zacharias findet Nachtleben in Randgebieten gerade für junge Frauen zu gefährlich und setzt auf Gespräche und die Solidarität. Das ist Hans-Georg Stocker zu wenig, der sich - auch von der SPD - im Stich gelassen fühlte, als um sein Backstage herum Nobel-Hochhäuser gebaut wurden: "Die Investoren kommen mit ihren Anwälten, da nutzt ein runder Tisch nichts, da muss das Baurecht geändert werden - und ihr seid unsere Vertreter, die die Gesetze machen."

© SZ vom 18.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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