Die CDs der Woche - Popkolumne:Ein ganzer Ohrwurm in einer halben Strophe

Album "Oddballs" von Pixies-Sänger Frank Black

Stellt radikale Laut-leise-Wechsel immer wieder neu auf die Probe: Pixies-Sänger Frank Black auf seinem neuen Solo-Album "Oddballs".

(Foto: The Bureau Records)

Wenn Pixies-Sänger Frank Black die eine entscheidende Kurve mehr macht, erweitert er den Indie-Rock um zahlreiche Nuancen. Jason Newsted versucht derweil, sich von Metallica zu lösen, während Stephen King ein Musical über finstere Geheimnisse schreibt. Die Popkolumne - zum Lesen und Hören.

Von Max Fellmann

Frank Black

Eigentlich will man dringend wissen, wie das neue Album der gerade wiedervereinigten Pixies wird. Bis das fertig ist, gibt es nun erst noch ein neues Soloalbum von Sänger Frank Black. Ganz neu allerdings nicht: Man konnte die Compilation "Oddballs" (The Bureau Records) vor mehr als zehn Jahren schon mal auf seinen Konzerten kaufen, aber nur dort. Jetzt ist sie regulär erhältlich.

Zum Glück, denn diese Raritäten und B-Seiten sind genau das, wofür man Black immer lieben musste. Nach der Auflösung der Pixies wurden seine Platten ja leider immer mittelmäßiger, oft haute er einfach alles raus, was ihm auf die Schnelle einfiel. Dabei ist er immer dann am besten, wenn er die eine, entscheidende Kurve mehr macht, den einen Schritt weiter geht. Auch auf diesem Album: Den Indie-Rock erweitert er bei fast jedem Song um neue Nuancen, von Country bis Folk, er interpretiert mit Gesangsstilen, von elvishaftem Jodeln bis zum biestigen Gekeife, immer wieder stellt er die radikalen Laut-Leise-Wechsel neu auf die Probe.

Beiläufig zeigt er, dass er die größten Ohrwürmer der Welt schreiben kann, aber nach vier Takten die Melodien links liegen lässt - aus dem, was Black in eine halbe Strophe packt, machen andere Bands ganze Refrains. "Oddballs" kann es fast aufnehmen mit "Teenager Of The Year", Blacks bester Platte. Als Nächstes dann also ein neues Album der Pixies, übrigens ohne die Bassistin und Heldin Kim Deal. Wird fraglich, ob das mithalten kann.

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Newsted

Rockfans tun sich oft schwer mit Veränderungen. Im Rock soll immer alles bleiben, wie es ist. Brian Johnson zum Beispiel singt seit 33 Jahren bei AC/DC, wo er 1980 den verstorbenen Bon Scott ersetzte - und die Fans nennen ihn bis heute "den Neuen". Immerhin, sie mögen Johnson. Es gibt tragischere Figuren. Mit Jason Newsted zum Beispiel musste man immer ein bisschen Mitleid haben. Der war auch 15 Jahre lang Ersatz: als Bassist von Metallica, der nicht gerade besten, aber erfolgreichsten Heavy-Metal-Band der Welt. Er machte seinen Job tadellos, trotzdem redeten seine Kollegen und die Fans immer nur von Cliff Burton, dem Vorgänger, der bei einem Autounfall ums Leben kam.

Album "Heavy Metal Music" von Ex-Metallica-Bassist Jason Newsted

Auf dem Album "Heavy Metal Music" versucht Jason Newsted vergeblich, sich von Metallica zu lösen.

(Foto: Chophouse Records)

Newsted blieb Mietmusiker, verachtet, gemobbt. 2001 verließ er die Band, spielte mal hier, mal da, und plagte sich mit einer ernsten Tablettensucht. Jetzt hat er eine neue Band, sie heißt einfach Newsted. Und da würde man sich natürlich gern für den Mann freuen. Würde gern sagen, ach, ist doch sowieso alles besser jetzt. Aber so richtig weit weg von Metallica schafft er es mit dem Album "Heavy Metal Music" (Chophouse Records) nicht.

Endlose Gitarrenriffs, hohes Tempo, viel Gebell statt Gesang, vielleicht eine Spur mehr Black-Sabbath-Einfluss als bei seiner ehemaligen Band, ansonsten aber: Durchschnitts-Metal ohne Überraschungen, bei dem jeder zwangsläufig an Metallica denken wird. Was ein bisschen traurig ist. Andererseits - vielleicht ist es genau das, was die Rock-Fans von Newsted wollen.

John Mellencamp und Stephen King

Album "Ghost Brothers of Darkland County" von John Mellencamp und Stephen King

Für das Musical "Ghost Brothers of Darkland County" hat Sänger John Mellencamp mit Horror-Schriftsteller Stephen King zusammengearbeitet.

(Foto: Universal)

Vor langer Zeit hat sich der Sänger John Mellencamp in den Kopf gesetzt, ein Musical zu schreiben, für die Story wandte er sich an Stephen King. So leicht lief es dann nicht, die beiden brauchten zehn Jahre für ihre Generationen-Saga "Ghost Brothers of Darkland County". Ein Reigen über streitende Brüder, trauernde Großmütter, finstere Geheimnisse und viel Gewalt. Gabriel García Márquez in düster.

Voriges Jahr wurde das Ganze in Atlanta uraufgeführt, der Produzent T-Bone Burnett half, jetzt gibt es eine ganz neue Albumversion (Universal) mit Gastsängern wie Elvis Costello, Kris Kristofferson und Sheryl Crow. Die Handlung ist etwas unübersichtlich, Kings Libretto liegt bei, man kommt aber auch gut ohne aus. Weil die Musik gut ist. Sehr gut sogar. Klingt ja alles schon mal toll, wenn T-Bone Burnett für den Sound verantwortlich ist: Da fallen einem die Instrumente aus den Lautsprechern entgegen, da knarzt der Kontrabass so nah, da rascheln die Jazzbesen so dicht, als wäre man im selben Raum. Und dann dieses sehr eigene Gemisch aus Country, Blues und experimentellen Kreiseleien, aus Slidegitarren und rumpligen Trommeln, aus Wüstenweite und Hinterzimmerhitze.

Und lauter Sänger, die man selten so hört wie hier. Wer behauptet, er habe den brummligen alten Mann in "That's Me" auf Anhieb als Costello erkannt, lügt. Und so wie im wunderbaren "How Many Days" mit seinen glühenden Gitarren, gab's den müden Kristofferson auch fast noch nie. Großes Album.

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