"Die Bücherdiebin" im Kino:Im Buchstabentanzsaal

Film "Die Bücherdiebin" im Kino

Ben Schnetzer als Max und Sophie Nelisse als Liesel in "Die Bücherdiebin".

(Foto: dpa)

Eine kindertaugliche Geschichte vom Krieg: Brian Percivals Romanverfilmung "Die Bücherdiebin" erzählt von der jungen Liesel, die während der Nazi-Zeit ziemlich jeden verliert, den sie gern hat. Vor allem aber geht es um den Widerstand im Kopf.

Von Susan Vahabzadeh

Die Idee ist nicht zu schlagen - wer könnte von Krieg und Verrat und Verfolgung besser berichten als der Einzige, der immer dabei gewinnt? Der Tod ist der Erzähler in "Die Bücherdiebin", nach Markus Zusaks Roman. Er beginnt seine Erzählung im Winter, als er Liesel Memminger das erste Mal beraubt - die Mutter ist Kommunistin, vor den Nazis auf der Flucht, und will ihre Kinder zu einer Familie bringen, die bereit ist, sie aufzunehmen. Liesel kommt dort letztlich alleine an, ihr Bruder ist unterwegs gestorben, und Frau Huber, bei der sie nun leben wird, meckert vor sich hin, weil die Kinder ihr helfen sollten bei der Arbeit. Sie ist Wäscherin.

So landet Liesel (Sophie Nélisse) also in einem bayerischen Dorf, bei den Hubers - Geoffrey Rush spielt den neuen Pflegevater, einen bärigen, weichherzigen Träumer. Er kommt bald dahinter, dass Liesel nicht lesen kann, und so entsteht eine Bindung zwischen den beiden: Im Keller hat er ihr die Buchstaben aufgemalt, und jedes neue Wort, das sie kennenlernt, schreibt sie nun dazu, bis der düstere Keller ein Buchstabentanzsaal ist. So lebt sie sich ein, spielt mit dem Nachbarsjungen, mopst bei der Bücherverbrennung auf dem Dorfplatz ein Buch. Der Bürgermeistersfrau, (Barbara Auer), die sie dabei beobachtet hat, begegnet sie beim Wäscheaustragen wieder, und sie lässt Liesel nun heimlich in ihre Bibliothek. Bald gilt es aber ein noch viel größeres Geheimnis zu bewahren: In der Nacht ist ein junger Mann im Haus aufgetaucht, der Sohn eines jüdischen Freundes der Hubers - und Liesel darf unter keinen Umständen verraten, dass er sich bei ihnen versteckt.

So harmlos wieder nicht

"Die Bücherdiebin" ist eine deutsch-amerikanische Co-Produktion, teils in Babelsberg und in Bayern gedreht, mit einigen deutschen Schauspielern, und mit Geoffrey Rush als Star - immerhin war die Romanvorlage ein Bestseller. Beim Amerika-Start im vergangenen Jahr wurde dieser bittersüßen Weltkriegsgeschichte dann vorgeworfen, sie sei viel zu harmlos für einen Film, der ja eigentlich von Judenverfolgung handelt, und vom Leben unter den Nazis.

Richtig ist: Der Tod leistet hier saubere Arbeit, da sehen noch die Bombenopfer aus, als seien sie friedlich entschlafen. Andererseits ist "Die Bücherdiebin" aber nun mal ein Jugendbuch, die Verfilmung ab sechs Jahren freigegeben - und wenn einer Geschichten vom Krieg kindertauglich zu erzählen versucht, bleibt der Realismus planmäßig auf der Strecke; zerfetzte Leiber wären da fehl am Platz. Letztlich geht Liesel nicht nur die erste, sondern auch die zweite Kindheit zu Bruch; und sie verliert so ziemlich jeden, den sie gern hat. Das ist so harmlos wieder nicht.

Es geht eigentlich auch gar nicht ums Kämpfen an sich, um die Aktion, sondern um den Widerstand im Kopf - um all die zersetzenden Gedanken, die sich Liesel in der Bibliothek der Bürgermeistergattin anliest. Liesel erobert sich in den Büchern ihre eigene Welt, eine, in der die Regeln von außen nicht gelten. Regisseur Brian Percival, der einige "Downton Abbey"-Episoden inszenierte, hat aus der "Bücherdiebin" einen soliden, konventionellen Film gemacht - und vielleicht wäre der mitreißender geworden, hätte er ein wenig mehr aus der Erzähler-Perspektive des Todes herausgeholt, oder aus den Dorf-Nazis, die den Hubers das Leben schwer machen.

Am besten ist Frau Huber geraten, die spielt Emily Watson, und sie macht aus ihr die interessanteste Figur des ganzen Films: weil sie nicht so lieb und süßlich ist, wie man sich eine Frau vorstellt, die ihren Hals riskiert, um jemanden zu retten. Sie ist eine Pragmatikerin, und das muss sie auch sein - sie ernährt schließlich die Familie und hat überhaupt die Fäden in der Hand. Und der Widerstand, den sie leistet, ist nicht emotional und tränenreich - sie weiß, dass sie recht hat, und das ist ihr genug.

The Book Thief, D/USA 2014 - Regie: Brian Percival. Drehbuch: Michael Petroni, nach Markus Zusaks Roman. Kamera: Florian Ballhaus. Mit: Geoffrey Rush, Sophie Nélisse, Emily Watson, Ben Schnetzer, Nico Liersch, Barbara Auer, Heike Makatsch. Twentieth Century Fox, 131 Minuten. In deutschen Kinos ab dem 13. März 2014.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: