Design:Trapezkunst

Grand Egyptian Museum

In Stuttgart erarbeitet – das neue Logo des Ägyptischen Museums.

(Foto: PR)

Ägypten erregt sich über das Logo seines neues Mega-Museums für Altertümer, das bald eröffnet werden soll. Es stammt von einem Grafikatelier aus Stuttgart.

Von Moritz Baumstieger

Pommestüte? Pizzastück? Oder doch eher ein eingewickeltes Falafelsandwich? Als Ägyptens Minister für Altertümer vergangenen Sonntag das Logo vorstellte, mit dem der wohl wichtigste Bau des Landes seit Fertigstellung der Cheopspyramide vermarktet werden soll, waren die Reaktionen heftig. Der Entwurf, den Khaled al-Anany vor der Baustelle nahe der Pyramiden von Gizeh präsentierte, besteht aus einem orangen Trapez, in das in schwungvoller arabischer Kalligrafie die Worte "al-mathaf al-masry al-kabir" eingearbeitet sind, für Nichtaraber steht in lateinischer Schrift "Grand Egyptian Museum" darunter. Reduziertes Design, moderne Typografie, zeitgemäße Farbwahl - eigentlich sollte es da nicht viel zu meckern geben.

Von wegen. In sozialen Medien sprechen Ägypter auch Tage nach der Präsentation von einer "unglaublichen Schande", von einer "verunglückten Geometrie-Hausaufgabe eines Achtklässlers". Die "Arabische Gesellschaft für erlesenes Design" teilt mit, dass der Entwurf weder den Ansprüchen effektiver Gestaltung genüge noch Ägyptens großartige und altehrwürdige Zivilisation betone. Und unter einem eigenen Hashtag sammelten sich bald fast noch mehr Entsetzensrufe, als das neue Museum Ausstellungsstücke haben wird - und das sind sehr, sehr, sehr viele. Manche sahen sogar das Ansehen der Nation in Gefahr, mal wieder. Zuletzt hatte das Land wiederholt Spott auf sich gezogen, als es Statuen mit eigenwilliger Ästhetik aufstellen ließ, oder als Kairos Tahrir-Platz, Herzkammer der Revolution, mit buntem Bodenbelag versehen wurde. Nun aber wollte das Antiken-Ministerium alles richtig machen, schließlich berührt das 2008 begonnene Neubauprojekt die nationale Identität Ägyptens - das über 400 000 Quadratmeter große Gelände, das ab Ende 2018 schrittweise eröffnet werden soll, wird einmal der größte Museumskomplex der arabischen Welt sein.

Deshalb schrieb man die grafische Gestaltung der Ausstellungspräsentation international aus, mit dem Atelier Brückner aus Stuttgart gewann ein deutscher Bewerber, für den der libanesisch-niederländische Designer Tarek Atrissi den Entwurf ausarbeitete. Atrissi selbst ist von der Kontroverse um seine Arbeit nur wenig überrascht. "Je wichtiger der Job, desto größer die Diskussion", sagt er der SZ am Telefon, "das ist immer so." Das Konzept hinter dem Entwurf - es spielt mit dem aus der Vogelperspektive erkennbaren Umriss des Gebäudes und der Form der Pyramiden und soll durch die Kalligrafie klar in der arabischen Welt zu verorten sein - hätte man bei der Präsentation vielleicht etwas besser erklären müssen, räumt der Designer ein. In der nun ausgebrochenen Kontroverse sieht er aber auch Gutes: "Plötzlich ist eine Diskussion über Design und Ästhetik im Gange, die in der arabischen Welt teils überfällig war", sagt Atrissi.

Im Netz tauchten nicht nur gephotoshopte Verballhornungen des Logos auf, sondern auch sehenswerte Alternativentwürfe. Dass die Designdebatte jedoch lange genug anhalten werde, um einen wirklichen Wandel einzuläuten, glaubt Atrissi selbst nicht, spätestens jetzt drehe sich alles nur noch um Fußball. Andererseits tobt gerade selbst in der Welt der ägyptischen Fußballfans ein heftiger Streit um Ästhetik: Das Maskottchen des Nationalteams - ein grinsendes Krokodil mit Pharaonenmaske namens Nile - sorgte für fast noch mehr Befremden als Atrissis Pommestüte.

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