Design-Auktion I:Tierschau

Design-Auktion I: In den Zwanzigern der Inbegriff der Eleganz: Bronzetisch von Armand Albert Rateau, dem Dekorateur der Pariser Haute Volée.

In den Zwanzigern der Inbegriff der Eleganz: Bronzetisch von Armand Albert Rateau, dem Dekorateur der Pariser Haute Volée.

(Foto: Christie's)

Zum Saisonfinale versteigern Phillips und Christie's in New York Design-Meisterwerke von Art déco bis zu den Achtzigern.

Von Dorothea Baumer

Design ist eine vergleichsweise junge Sparte. In den deutschsprachigen Häusern von eher überschaubaren Erfolgen gekrönt, ohne eine internationale Bieterschaft in der jetzigen Form nicht recht zu denken. Darauf reagierte das Wiener Dorotheum, das seine ambitionierten Offerten nur mehr in englischsprachigen Katalogen anbietet. Auf dem internationalen Markt hingegen, vor allem dem amerikanischen, hat Design des 20. Jahrhunderts in den vergangenen gut fünfzehn Jahren einen phänomenalen Aufstieg erlebt und ist zu einem der heißen Sammelgebiete avanciert, das Interessenten beachtliche Einsätze entlockt.

Ein Markstein war sicherlich die mit damals unerhörten 1,5 Millionen Dollar abschließende New Yorker 135-Objekte-Auktion von Christie's 1999, mit drei Spitzenlosen, die sämtlich über die 100 000-Dollar-Marke sprangen: ein Carlo-Mollino-Sessel aus den frühen Fünfzigern, eines von Isamu Noguchis "Cloud Form"-Sofas (1948) und eine abstrakte Holzskulptur von Charles und Ray Eames, ein Unikat von 1949. Mittlerweile sorgen allenfalls Millionenzuschläge noch für größeres Aufsehen.

Modernes Design ist zweifellos modeabhängiger als historisches Kunsthandwerk. Veränderte Wohnstile und Geschmacksvorlieben, aber auch neue Sammlungskonzepte, prägen das Angebot. Und die heute gängige Annäherung von Kunst und Design entfaltete ebenfalls nicht wenig neue Schubkraft. "Wie in der Kunst", so Peter Noever, ehemaliger Direktor des Wiener MAK, "kann ein Design-Objekt eine Ikone sein. Wie ein Sessel von Mies van der Rohe. Man kauft ihn nicht, um darauf zu sitzen, sondern um Teil eines Clubs zu sein, der weiß, wer der Architekt ist. Das ist Kommunikation."

So ließ sich eben beobachten, wie nach Bauhaus-Strenge und französischer Art-déco-Eleganz italienische und skandinavische Mid-Century-Entwürfe die Führung übernahmen und heute die Achtziger- und Neunzigerjahre ins Blickfeld gerückt sind. Erstaunlicher als der Wechsel erscheint allerdings die Konstanz und Kontinuität der großen ikonischen Designernamen.

Nicht wenige, die in den ersten Jahren mit spektakulären Zuschlägen auffielen sind noch immer in der ersten Reihe anzutreffen. Jean Prouvé etwa, der 2004 mit einem 680 000-Dollar-Rekord für zwei Schiffsluken-Türen in ungeahnte Höhen schoss, oder ein Jahr später Carlo Mollino, dessen Glastisch auf Eichenholzgerippe erstaunliche 3,8 Millionen Dollar einspielte.

Insektensessel, Schlangenlampen und ein von Vögeln getragener Tisch

So zählt in der großen Designauktion von Phillips am 15. Dezember in New York eine Drei-Meter-Deckenleuchte mit Luftschiffappeal zu den Highlights (150 000 bis 250 000 Dollar). Carlo Mollino hat sie 1944 für das Turiner Haus von Franca und Guglielmo Minola entworfen. Das Universalgenie Gio Ponti ist mit einem Sessel auf Insektenbeinen aus dem Jahr 1948 vertreten (15 000). Und von Max Ingrand stammt eine skulpturale Tischlampe aus den Fünfzigerjahren (20 000).

Das Starlos der Offerte ist eine typische Konstruktion des gelernten Kunstschmieds Jean Prouvé: ein sechs mal sechs Meter messendes, bequem in einem Tag aufzustellendes Haus aus Fertigteilen in Stahl und Holz. Prouvé entwickelte die Unterkunft im Auftrag des französischen Ministeriums für Wiederaufbau Ende des Zweiten Weltkriegs für französische Flüchtlinge .

Nur etwa ein halbes Dutzend unterschiedliche Modelle dieser zerlegbaren Häuser hat sich bis heute erhalten - alles Prototypen. Zu der geplanten Serienproduktion kam es nie. In der vergangenen April-Auktion hatte Phillips allerdings bereits ein etwas größer dimensioniertes Holzhaus von Prouvé im Angebot. Für das jetzt aufgebotene Modell wird mindestens eine Million Dollar erwartet.

Den Blick zurück in die Zwanzigerjahre lenkt Christie's am 17. Dezember. Geboten werden Schätze aus zwei legendären Art-déco-Sammlungen: rund 50 Möbel und Interieurstücke aus den Werkstätten der renommiertesten Designer von Edgar Brandt bis Emile-Jacques Ruhlmann. Die Topstücke der Offerte stammen von Armand Albert Rateau, einem der exklusivsten französischen Dekorateure, berühmt für seine figürlich geprägten Bronzemöbel, die er für die Berühmten der Zeit, für die Pariser Gemächer der Modezarin Jeanne Lanvin oder den Madrider Palast der Herzogin von Alba entwarf.

Die Spitze mit einer Schätzung von bis zu 2,5 Millionen Dollar markiert ein niedriger, von vier prachtvollen Bronzevögeln getragener Salontisch. Mit 300 000 Dollar ist ein Paar Schwanenhals-Wandappliken aus vergoldeter Bronze angesetzt. Von Edgar Brandt und Daum stammt die Stehlampe "La Tentation" mit züngelnder Schlange (70 000).

Neues Design wird mit der regulären Offerte aufgerufen. Als Titelstück dient die berühmte "Lockheed Lounge" des Australiers Marc Newson, eine Art Recamiere aus dem Raumfahrtlabor in blinkendem Aluminium. 1986 ist der Prototyp der "LC-1" entstanden, in den Neunzigern folgte eine Edition von zehn Exemplaren.

Die von Christie's angebotene Lockheed Lounge trägt die Nummer vier, stammt aus einer asiatischen Sammlung und wurde 1990 in Tokio erworben. Im Jahr 2000 kostete Newsons Lockheed Lounge noch 105 000 Dollar. Jetzt sind für den raumfüllenden Blickfang 1,5 bis zwei Millionen Dollar angesetzt.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: