Des is schee:Bairisch ist fei weiblich

Notizen vom ersten Mundart-Poetry-Slam

Von Bernhard Blöchl

Draußen fragen frierende Japaner nach dem Weg zum Hofbräuhaus, drinnen trifft sich die Welt. Also nicht die ganze Welt, sondern nur die bayerische, aber was heißt da schon: nur? Drinnen meint auch nicht das Hofbräuhaus, sondern das Hofspielhaus, das ist ja ein feiner Unterschied. Hier, in der kleinen Kellerbühne in Platzl-Nähe, begegnen sich an diesem kalten Winterabend Poeten aus Ostbayern und Unterfranken, aus dem Oberland, dem Pfaffenwinkel und Niederbayern, Wahl- und echte Münchner, um gemeinsam eine Premiere zu feiern, den angeblich ersten Poetry-Slam auf Bairisch.

Gedanke dazu: Bald gibt es in München mehr Lesebühnen und Slam-Wettbewerbe als Werktage im Monat. Zweiter Gedanke: ein Mundart-Slam ausgerechnet in München, der Lieblingsstadt der Zuagroasten? Teresa Reichl, Teilnehmerin aus Niederbayern und so jung wie dialektfreudig, erzählt auf der Bühne die Geschichte, wie sie bei der Bayerischen Meisterschaft 2017 in München von einer Zuhörerin angesprochen wurde, ihr Text sei ja ganz gut gewesen, aber den Dialekt müsse sie in den Griff kriegen. Wie gut, dass die bayerische U 20-Slam-Meisterin nicht auf den Rat der Frau gehört hat; Reichls Sprachmotor schnurrt vor allem deshalb so geschmeidig, weil sie Bairisch nicht als Mode nutzt, sondern darin aufblüht. Und selbstverständlich passt so ein Slam nach München, das beweist schon das bairisch-kundige Publikum, das das Hofspielhaus gut füllt.

Es gibt noch ein paar weitere Premieren an diesem kurzweiligen Abend, dessen Motto "Wer ko, der ko" jeden ersten Mittwoch im Monat zelebriert werden soll: Björn Puscha, bekannt als Bierzapfer und Latein-Übersetzer in der Vereinsheim-TV-Show, stellt sich erstmals mit eigenem Text auf eine Lesebühne (über seine blauhaarige Punk-Jugend in Burghausen), und schafft es ins Finale. Franz Dobler, knurriger Autor aus Augsburg, trägt - ebenfalls ein Novum - ein wortschönes Mundartgedicht vor, nachdem er lange über den sprachlichen Knotenpunkt seiner Geburtsstadt Schongau philosophiert und über das Allgäu geätzt hat.

Gelegenheit, mit bairischen Texten zu unterhalten, bekommen auch Calippo Schmutz, Volker Keidel und Wolfgang Ramadan (für die erkrankte Franzi Wanninger). Der Tausendsassa Moses Wolff, der mit Ko Bylanzky die Show moderiert, erheitert mit der Anleitung, wie "freilich" korrekt auszusprechen ist, nämlich mit amerikanischem "R" und ohne "ch", mit "ä" statt zweitem "i", besser noch ohne "f". Teresa Reichl würdigt in ihrem starken Finaltext die Schönheit von Begriffen wie "Watschnbaam" und "fei". Der Sieger bekommt ein Lebkuchenherz mit der Aufschrift "Wer ko, der ko". Am Ende ist es sie, die ko. Die Jüngste. Die einzige Frau. Die mit dem gschertesten Dialekt. Und des is schee.

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