Debüt-Album von Zayn Malik:Sex, Drugs und Islam

Debüt-Album von Zayn Malik: Verletzlich-cooler R'n'B nach Frank Ocean und The Weeknd: Zayn Malik, ehemaliges Mitglied von One Direction.

Verletzlich-cooler R'n'B nach Frank Ocean und The Weeknd: Zayn Malik, ehemaliges Mitglied von One Direction.

(Foto: Foto: Sony Music; Bearbeitung SZ.de)

Früher war er Mitglied bei One Direction, nun bringt Zayn Malik mit seinem Solo-Debüt die Zwischentöne zurück in unsere schwarz-weiße Gesellschaft.

Off the Record: die Pop-Kolumne von Julian Dörr

"We learned more from a three minute record than we ever learned in school", sang Bruce Springsteen 1984. Und das stimmt auch heute noch. Pop kann uns die Welt erklären - in unserer neuen wöchentlichen Musik-Kolumne.

Es sind schlechte Zeiten für Zwischentöne. Der türkische Präsident Erdoğan schmollt über ein deutsches Satire-Video. Der Hoffentlich-nie-US-Präsident Trump hetzt seit Monaten gegen Muslime und die AfD gewinnt mit rechtspopulistischer Stimmungsmache Landtagssitz um Landtagssitz. Ja, es sind wahrlich schwarz-weiße Zeiten. Die Grenzen sind gezogen, du bist entweder drinnen oder draußen. Wahrheiten, für die keine Anführungszeichen groß genug sein können, sickern in den gesellschaftlichen Mainstream.

Eine Mauer müsse her gegen die marodierenden Mexikaner, sagt der eine. Was wollen eigentlich diese Flüchtlinge mit ihren Smartphones von uns armen Schluckern, fragen die anderen. Und der Islam, ja der sei böse und gewalttätig.

Nun gibt es ja glücklicherweise noch den Pop, der in seinen stärksten Momenten alles und jeden besser machen kann. "Mind Of Mine", das Debüt-Album des ehemaligen One-Direction-Mitglieds Zayn Malik ist so ein Glücksfall - ein kräftiger Schuss Diversität mitten in die Welt-Charts, ein Denkzettel auf der engen Stirn des Mainstreams, eine Erinnerung daran, dass die Gleichung "Muslim = gefährlich" nie aufgehen wird.

Geboren ist Zayn Malik im britischen Bradford, sein Vater stammt aus Pakistan. Im vergangenen Jahr verließ er die Boygroup One Direction. Malik ist ein Weltstar, sein Gesicht hängt in Jugendzimmern von Alaska bis Tasmanien. Und er ist Muslim. Dass seine Religion im Kontext seiner Musik überhaupt thematisiert wird, zeugt von den bereits erwähnten schwarz-weißen Zeiten, in denen wir leben. Sollte Maliks Glaube nicht irrelevant sein? Nein, gerade heute sollte er das nicht.

Platt, jungmännisch und, pardon, unfassbar geil

"Open up and see what's inside my mind", singt Malik im arabesken Intro seiner Platte. Und was geht vor im Kopf eines erfolgreichen jungen Mannes? Viel Sex, ein bisschen Drogen, aber keinesfalls Religion. Weshalb "Mind Of Mine" über weite Strecken eine seidig violette Bums- und Partyplatte geworden ist. In der Single "Pillowtalk", in deren trippigem Video sich Malik und Model-Freundin Gigi Hadid gegenseitig ansexen, ist das Schlafzimmer Paradies und Kriegsgebiet zugleich. Auf "Wrong" verspricht der 23-Jährige: "I'll get her wetter than ever."

Sicher, das alles ist arg platt und fürchterlich jungmännisch, aber auch eine, pardon, unfassbar geile Produktion. Düster funkelnder Absturz-R'n'B nach Frank Ocean und The Weeknd. Verletzlichkeit ist mittlerweile ja auch bei echten Playern cool und salonfähig. Pussy regnet es ja so oder so.

Die Geschichten aus Maliks Kopf mögen unfreiwillig komisch wirken, aber eines kann man ihnen nicht vorwerfen: Schwarz-weiß-Malerei. Eben noch schwelgt Malik zu Phil-Collins-Atmo und Polter-Beat in Erinnerungen an den versoffenen Sommer, dann stimmt er auf "Intermission - Flower" ein kurzes und wirklich gespenstisch schönes Liedchen in Urdu an, der Muttersprache seines pakistanischen Vaters. Und zack, herausgerissen ist man aus seiner bequemen Erwartungshaltung.

Was kann man von Mainstream-Pop in Zeiten von Trump, Petry und ihren einfachen Wahrheiten mehr erwarten?

Zayn Malik: "Mind Of Mine" (Sony Music)

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