Debatte:Ziemlich schlapp

Eine Podiumsdiskussion zum Thema "Erotik in der Kunst"

Von Jürgen Moises

Was ist Erotik und was unterscheidet sie von Pornografie? Das hängt, genauso wie die Frage, was man als pervers oder provokativ empfindet, vom individuellen Blickwinkel ab, der aber immer auch gesellschaftlich geprägt ist. Diese nicht wirklich neue Erkenntnis lässt sich als eine der Grundaussagen aus der Podiumsdiskussion zum Thema "Spannungsfeld - Erotik in der Kunst" ziehen, die am Wochenende im Kulturreferat stattfand. Anlass dazu war die Ausstellung "Arkadenale piep", die aktuell in den Kunstarkaden zu sehen ist. Eingeladen zu der von der Kunsthistorikerin Johanna Eder geführten Diskussion waren die Künstlerin Bianca Patricia, der Lyriker und Verleger Anton G. Leitner, die Tantra-Masseurin Maria-Simone Kunze und Silvie Engelmann, die als Aktmodell und Burlesque-Tanzlehrerin arbeitet.

Der Kunsthistoriker Ulrich Pfisterer, der Film- und Medienwissenschaftler Jörg von Brincken und der Fashion-Fotograf Martin Böck waren ebenfalls geladen, waren aber verhindert. Eine Tatsache, die sich bemerkbar machte. Denn was an manchen Stellen fehlte, war eine stärkere kritische oder historische Einordnung bestimmter Phänomene. Oder auch die Auseinandersetzung mit der Frage, wie verschiedene Medien wie Malerei, Fotografie oder Film den Umgang mit Erotik auch unterschiedlich prägen. Das Internet kam als Thema überraschenderweise gar nicht vor. Stattdessen war die Diskussion durch die individuellen Biografien geprägt. Was durchaus zu neuen Einblicken führte, zumindest wenn man sich mit Tantra, Sexspielzeugen oder Burlesque-Tanz nicht gut auskennt.

Allgemeinere Erkenntnisse gab es dennoch. Etwa wenn Anton G. Leitner vom Aufruhr erzählte, welche die von ihm herausgegebene Anthologie "Das Gedicht" vor ein paar Jahren erregte. Wegen seines Covers, das eigentlich nur eine Hand zeigte, aber so undeutlich fotografiert, dass man sich alles Mögliche darunter vorstellen kann. Oder wenn Silvie Engelmann schilderte, wie der professionelle Striptease über die Jahre immer expliziter, aber auch banaler wurde. Sie selbst unterrichtet in ihren Seminaren, dass das Ausziehen eines Handschuhs viel erotischer sein kann als totale Nacktheit. Oder wenn Bianca Patricia aus ihrer eigenen künstlerischen Recherche heraus erzählte, dass Sexspielzeug für Männer mit einer fast poetischen Sprache beworben wird, Spielzeug für Frauen dagegen fast rein funktionell. Also genau umgekehrt, wie man es von Pornofilmen kennt?

Dass Kunst und Tantra genauso wie Humor Strategien sein können, um aus den gesellschaftlichen Prägungen heraus eine selbstbewusste Sexualität zu entwickeln, das schälte sich ansonsten als Einsicht heraus. Und dass die Fantasie zur Erotik unbedingt dazugehört. Gerade der Begriff der Fantasie hätte sich auch angeboten, um den Zusammenhang zwischen Kunst und Erotik noch stärker zu fassen. Aber beim Hin und Her zwischen den verschiedenen Perspektiven oder Phänomenen wurde diese Möglichkeit dann irgendwie versäumt.

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