Das wäre schön:München-Modell

Lesezeit: 2 min

Hamburger Bastler könnten für uns in die Zukunft schauen

Von Karl Forster

Fliegt ein Münchner nach Hamburg und begibt sich dort per Taxi in die Innenstadt, kann es passieren, dass der Chauffeur, nachdem er die Adresse vernommen und damit auch das Idiom des Fahrgastes erkannt hat, an seinem Tonabspielgerät herumfummelt, bis er "Skandal im Sperrbezirk" von der Spider Murphy Gang gefunden hat. Dann sagt er freundlich in diesem wunderbaren Hanseatisch: "Damit Sie sich nicht so fremd fühlen hier", dreht auf und gibt Gas. Fliegt dagegen ein Hamburger nach München und bittet den Taxifahrer um Transport in die Innenstadt, schiebt dieser wohl kaum ein Lied der Hamburger Band Die Goldenen Zitronen, Palais Schaumburg oder Tomte in den Rekorder, weil er sie erstens nicht kennt und zweitens lieber Bayern 1 hört und drittens sowieso keinen Bock hat, den Hamburger als solchen zu erfreuen.

Es ist halt so, dass die Metropolen Hamburg und München beispielhaft für das nicht ganz spannungsfreie Verhältnis zwischen Nord und Süd stehen. Und dass der Hamburger auf der Freundlichkeitsskala ein bisschen weiter oben steht als der Münchner, liegt möglicherweise daran, dass der Nordmann das Wort "Grant" nicht kennt.

Der Münchner, und nicht nur der Münchner, sondern alle Freunde von Modellwelten, also kleinen Eisenbahnen, Flugzeugen, Schiffen im Mini-Hafen, haben seit dieser Woche einen weiteren Grund, nach Hamburg zu reisen, und zwar in die Speicherstadt. Dort gibt es seit einem guten Dutzend Jahren die größte Modellerlebniswelt des Globus, genannt Miniatur Wunderland, die seit dieser Woche mit einer neuen Sensation aufwartet: einem Modell der Lagunenstadt Venedig, mit Gondeln unter der Rialtobrücke, Faschingskostümen am Markusplatz und einem Mordsschiffsverkehr auf dem Canal Grande. So wird hier der vom Absaufen bedrohten Stadt jetzt schon ein Denkmal gesetzt.

Eigentlich könnte man erwarten, dass die Leute vom Miniatur Wunderland sich auch mal München vornehmen; es gäbe da ja auch einiges zu zeigen für die detailverliebten Hanseaten. Sie haben übrigens ihre Modellelbphilharmonie im Ausstellungsteil Hamburg deutlich früher fertiggestellt als das Original, eine kühne, eine fast prophetische Tat der Modellbauer, hätte es doch durchaus passieren können, dass der kühne Bau die Eröffnung gar nicht erlebt. So gesehen wäre es durchaus spannend, wie die hanseatischen Modellspezialisten bei uns wirken würden, könnten sie dann doch nicht nur den Dauerstau auf Münchens Mittlerem Ring abbilden, sondern auch die künftige Gestaltung des Gasteig vorausahnen, oder gar den neuen Konzertsaal auf dem Knödelkulturgelände. Und könnten sie dann noch zeigen, wo all die Kreativen und Kunstschaffenden Heimstatt finden, die aus dem Gasteigausweichrevier in Sendling vertrieben werden! Ach, wäre das schön. Und die Hamburger, sie planen ja schon wieder eine neue Stadt: Sie heißt Monaco. Liegt aber leider am Mittelmeer.

© SZ vom 24.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: