Das wäre schön:Carmina des Südens

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Im Mai könnten sich Chorgesänge mit FC-Bayern-Jubelarien mischen

Von Karl Forster

Zwei Liedtexte, die es in sich haben: "FC Bayern, Stern des Südens, du wirst niemals untergehen . . ." Und "O Fortuna velut Luna statu variabilis . . ." Also: Schicksal, wie der Mond dort oben, so veränderlich bist du . . . Wenn eben dieses Schicksal es will, dann stoßen diese Lieder, beide gehören ja längst zum Kanon deutscher Musikhistorie, gar heftig aufeinander, irgendwo zwischen Odeons- und Marienplatz. Denn am 12. Mai findet vor der Feldherrnhalle ein gewaltiges Chorkonzert statt: Hier treffen sich 3500 Stimmen von 100 Chören aus aller Welt, um gemeinsam die mächtigen "Carmina Burana" zu intonieren. Während womöglich nahezu gleichzeitig der FC Bayern auf dem Marienplatz seine gefühlt hundertste Meisterschaft begehen könnte - mit wohl deutlich mehr als 3500 Mitsingern, denen allerdings weitaus weniger geschulte Stimmen zur Verfügung stehen.

Ein, wie man sagt "culture clash" allererster Güte. Wobei eingangs erwähntes Schicksal noch Wogen glättend eingreifen könnte. Klar, die Chöre sind geladen, die Tickets organisiert, die Beuroner Gesänge kann man nicht mehr verschieben. Bei Bayerns Fußballern aber ist der Termin eventuell noch nicht in Beton gegossen. Dieser 12. Mai ist ja "nur" der letzte Spieltag der Bundesliga. Und diese Meisterschale geht selbstverständlich an Alaba, Müller & Co. und müsste also an diesem Carmina-Tag gefeiert werden. Es stehen aber noch zwei Titel in Aussicht, und weil der Jupp Bayern-Trainer ist, besteht durchaus die Chance, zumindest den DFB-Pokal zu holen, eine Woche später. Und dann wäre da eventuell noch das Champions-League-Finale am letzten Maiwochenende. Es könnte also, "O Fortuna!", der Kulturkampf Willy Astor gegen Carl Orff noch ausfallen.

Wenn nicht, wenn also dem FC Bayern wieder nur die blöde Meisterschale bliebe, gäbe es ein paar Vorschläge, wie man sich gewinnbringend zusammenfinden könnte, hier der Chor der Fans, dort der mit den alten Liedern: "Die Wunden, die Fortuna schuf, beklag' ich feuchten Auges", klänge es vom Marienplatz herüber. Worauf die Carminanesen antworten: "Herzensschwermut scheint mir doch allzu stark bedrückend; Scherzen ist weit lieblicher, honigsüß berückend!"

Und dann trifft man sich irgendwo in der Mitte, vielleicht beim Donisl oder beim Franziskaner, und singt gemeinsam unter dem Dirigat von Thomas Müller: "Saufen hundert, saufen tausend. S'reichen nicht sechshundert Münzen, wo sie Mass um Mass noch müssen hinter ihre Binden gießen." Mann, wäre das schön!

© SZ vom 17.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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