Das ist schön:Owielacht

24 Stunden "Stille Nacht" und mehr

Von Michael Zirnstein

Früher war es einfach, gut zu sein. Gerade an Weihnachten. "Sei brav, sonst bringt das Christkind keine Geschenke", hieß es. Dann war man eben brav, und um nicht aus Versehen doch etwas anzustellen, guckte man den "kleinen Lord" - das Kind gewordene Gute. Heute wird etwas mehr verlangt. Um auf der guten Seite zu stehen, kann man sich etwa am Samstag, 19 Uhr, auf die Straße stellen, um mit 600 000 anderen die geplante Lichterkette von München nach Berlin zu schließen und "ein weltweites Zeichen für Frieden und Toleranz" zu setzen. Das hat zwar schon 1992 nur kurz gewirkt und mag naiv erscheinen. Aber angesichts Flüchtlingsheime abfackelnder Angstbeißer ist man doch gerne ein gutgläubiger Kerzenhalter.

Ob es was bringt? Es gibt ja keine Alternative, als aktiv zu sein. Schon gar nicht für Kunst- und Kulturschaffende. "Gute Tat" - das kommt von "tun". So freuen sich die großartigen und übrigens humorvollen Eagles of Death Metal regelrecht, ihre "Mission, den Rock 'n' Roll in der Welt zu verbreiten", fortzuführen und setzen ihr im Club Bataclan blutig abgewürgtes Konzert bald im Pariser Olympia fort (am 18. Februar holen sie auch ihr abgesagtes München-Konzert nach).

Auch in Münchens Szene steht die Achse des Guten. Am ersten Weihnachtstag geben Pollyester, Leroy, Teile der Zombo Combo und andere in der Roten Sonne von Gastgeber DJ Upstart ein "Imagine Peace"-Benefiz für Flüchtlinge, auch der Barumsatz wird an Bellevue Di Monaco gespendet. Einige der Musiker und viele weitere aus dem Umfeld der Band Kamerakino wie Das Weiße Pferd, The Notwist und Murena Murena stehen schon zwei Tage später wieder in der Postrutsche an der Hackerbrücke, um für eine Musikschule im Jemen zu spielen. Dort herrscht Krieg, was hierzulande nur deswegen weniger bekannt sein dürfte, weil keine Hilfskräfte ins Land hinein und keine Fliehenden heraus gelassen werden. In der Not könne Kunst Wunden lindern und Balsam sein, schreibt der Direktor der Musikschule. Einsatz ist nötig. So wie der von JJ Jones, der am 24. von 13 Uhr an 24 Stunden lang in der Milla "Stille Nacht" in 400 Versionen erklingen lassen will - auch für Flüchtlinge. Ein paar Künstler haben zugesagt, ihren Heiligabend zu opfern - ein paar mehr noch, das wäre schön.

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