Das ist schön:Göttliche Impfung

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Jauchzen über die Jauche

Von Karl Forster

Bayerns katholischer Kirche wird derzeit einiges abverlangt. Da ist einerseits der Kreuzerlass des Ministerpräsidenten, der das Kirchliche ganz profan als Leitkultur verankert sehen will; da ist der darob zürnende Münchner Kardinal, der deswegen wiederum von diversen stockkonservativen Amtsbrüdern in Rom angeschwärzt wird. Andererseits sind da nun Bayerns Bauern, die zur Gottesmutter Maria beten, sie möge ihnen gegen eine schlimme Seuche helfen. Hier also eine CSU, die mit dem christlichsten Symbol Wahlkampf treibt, aber die Worte Jesu bei der Flüchtlingsfrage nicht im Herzen bewegt. " . . . Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich nicht aufgenommen" (Matthäus, Kapitel 25). Dort der Landmann, der zwar gerne mit Gülle aus der Massentierhaltung den Acker düngt, aber ganz altmodisch zum Wallfahrten geht, damit solche Sünden sich nicht auf seine Ställe auswirken.

Nun ist es aber so, dass es derzeit auch Streit innerhalb des Klerus gibt zwischen Neu und Alt. Zwei Beispiele zeigen, wie weit diese Positionen entfernt sind. Da war zum einen diese Maiandacht in der Sendlinger Kirche St. Margaret als Auftaktveranstaltung zum in diesem Monat üblichen Ritual. Es wurde viel gesungen, vor allem Lieder über die Jungfrau Maria. Und dann ertönte das Intro in G-Dur zu einem in diesem Ambiente ungewöhnlichen Lied: "Gott mit Dir, du Land der Bayern, deutsche Erde, Vaterland. . ." Zwei Strophen lang, von Deutschlands Bruderstämmen und vom alten Ruhm. Die Bayernhymne als eine Art profaner Gegenleistung der Kirche für die Kreuze, die nun allerorts hängen sollen? Hinfort mit allem Laizismus; Oh Maria hilf!

Im selben Monat berichtet Die Zeit von einem Phänomen in dem an Phänomenen nicht armen Wallfahrtsort Altötting. Dortselbst, also in der Basilika St. Anna, waren an einem Frühlingssonntag gut 1000 Bauern gekommen. Ihr Anliegen: Gott und vor allem die heilige Maria, notfalls auch die heilige Anna (hilft unter anderem gegen Pest und Geisteskrankheiten) möge sie und ihre Tiere vor der drohenden afrikanischen Schweinepest bewahren. Quasi eine Bitte um göttliche Impfung. Doch was geschieht? Der Kapuzinermönch Bruder Gregor Greimel donnert bei der Predigt von der Kanzel: "Wir müssen uns unserer Verantwortung stellen", es sei "unsere Schuld, dass wir Luft und Wasser verpesten!" Da schauen die Bauern recht bedröppelt. Verantwortung? Schuld? Wasser verpesten? Das soll Altötting sein?

Die Aussicht, dass Bayerns CSU demnächst nach Altötting wallfahrtet, um bei der Landtagswahl die absolute Mehrheit von der Gottesmutter zu erbitten, dürfte nach diesem Vorfall eher gering sein. Aber vielleicht kommt ja der eine oder andere Bauer auf die Idee, die Worte des Altöttinger Kirchenmannes ernst zu nehmen. Das wäre schön.

© SZ vom 26.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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