Das ist nicht schön:Kultur nach Wahl

Über die Behinderung der natürlichen Neugierde

Von Susanne Hermanski

Man könnte meinen, wenigstens das kulturelle Leben in Bayern wäre unbeeindruckt von dem, was im fernen Berlin auf der politischen Bühne vor sich geht. Ist es aber nicht. Denn so eine Kabinettsbesetzung, die unweigerlich auf die Neuwahlen am Sonntag folgen wird, funktioniert wie ein Schiebe-Puzzle. Bei dem genügt ebenfalls ein einziges freies Feld, um ein komplettes Nachrück-Chaos zu entfachen. Wandert also ein Minister aus dem bayerischen Kabinett an die Spree, gibt es womöglich auch an der Isar ein munteres Plätzchen-Wechsel-Dich.

Der Effekt, den dieses Warten auf das Mögliche hat, ist elend: Längst fällige Entscheidungen oder wenigstens deren Verkündung haken. Wie bei besagtem Puzzle geht dann erst mal gar nichts weiter - mit wichtigen Personalien zum Beispiel. So zermartert sich Bayerns Filmbranche schon seit der vorletzten Berlinale das Hirn, wer nun den Ende Januar aus Altersgründen scheidenden Chef des Film Fernseh Fonds (FFF), Klaus Schaefer, ersetzen wird. Darüber entschieden wurde bereits im Wirtschaftsministerium, der Rest ist Warten. Schaefer war seit Gründung des FFF für sämtliche staatlichen Fördergelder verantwortlich.

Im Kultusministerium stehen nicht weniger wichtige Bekanntgaben aus: Wer wird neuer Intendant der Bayerischen Staatsoper nach Nikolaus Bachler? Wer wird deren Generalmusikdirektor, wenn Kirill Petrenko 2018 bei den Berliner Philharmonikern Simon Rattle ablöst? Wer folgt, gleich nebenan am Residenztheater, auf Martin Kusej, der seinen Intendantenposten vor der Zeit räumen wird, um ans Wiener Burgtheater zu gehen? Und wer wird der Kaufmännische Direktor am Finanz- und Scientology-krisengeschüttelten Haus der Kunst? Die Antworten hängen nicht unwesentlich mit einer anderen Personalie zusammen; der des Ministerialdirigenten Toni Schmid. Er hat jahrzehntelang im Hintergrund die Besetzungen besagter Posten dirigiert. Im Herbst nun läuft seine eigene, letztmögliche Verlängerung im Amt über die Ruhestandsgrenze hinaus aus.

Sicher ist eines: Nach der Wahl wird es viele Antworten auf einmal geben. Davor aber bleibt nur die Neugier. Und das ist nicht schön.

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