Das ist nicht schön:Fuchs und Eule

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Nackte Notizen aus dem animalischen Kulturherbst

Von Bernhard Blöchl

Ein bisschen schmuddelig ist dieser Kulturherbst ja schon. Im Kino ziehen Filme namens "Fikkefuchs" (hui!) und "Flitzer" (oha!) die Blicke auf sich, während beim Literaturfest Oskar Roehler mit seinem Roman "Selbstverfickung" (puh!) erwartet wird. Fikkefuchs, Selbstverfickung? Futter für den sexten Sinn, so scheint es, und ausgerechnet dann flattert einem die November-Ausgabe des Münchner Feuilletons in die Hände. Vielleicht ohnehin leicht verwirrt, sieht man statt der titelgroßen Eule mit den zwei riesengroßen rosa Kulleraugen, die doch zuallererst ein Plädoyer für das Lesen symbolisieren soll, etwas ganz anderes. Etwas, das Facebook zensieren würde, das Oben in "oben ohne", dazu braucht man kein Fikkefuchs zu sein. Zur Verteidigung des Autors sei betont: Mit der Doppel-D-Deutigkeit der Illustration geht es nicht nur ihm so. Eine Blitzumfrage in der Redaktion, Frauen wie Männer, kam zu demselben Ergebnis. Die Titelzeile lautet übrigens: "Rettet das Lesen".

Die Damen und Herren von der MVG hätten die Eule womöglich verboten, womit wir beim eigentlichen Thema wären, dem Umgang mit Sexualität. Ein kleiner Aufreger in jüngster Zeit war das Kinoplakat zu ebenjenem "Fikkefuchs". Darauf ist die Silhouette einer nackten Frau zu sehen; die Stelle, die die Eule suggeriert, wird hier nicht gezeigt, dafür hat es ein Fuchskopf aufs Bild geschafft, und zwar direkt in den Schoß der Frau. Das Motiv hing zuletzt in vielen Städten, nur München stellte sich quer (Frankfurt auch, ruderte aber zurück). Begründung: sittenwidrig. "Die Münchner Verkehrsgesellschaft möchte ihren Fahrgästen dieses Plakat nicht zumuten", erklärt der Pressereferent Matthias Korte. "Es verstößt aus unserer Sicht gegen die guten Sitten. Zumal Werbung in der U-Bahn, um die es hier ging, etwas anderes ist als Werbung im öffentlichen Straßenraum. In der U-Bahn kommt die Werbung einem viel näher, man kann ihr schlechter ausweichen - gerade auch mit Kindern."

Dass es sich bei dem hemmungslosen Independent-Drama von Jan Henrik Stahlberg um eine Männer-Satire handelt, eine, bei der es inhaltlich einen klaren Bezug zum Plakat gibt, hat man hier nicht berücksichtigt. Dabei wäre es durchaus nicht verkehrt, auf diesen Film aufmerksam zu machen. Bei all seiner pornogetriebenen Derbheit verhandelt er doch die vielschichtigen Probleme lernresistenter Testosteron-Tonis, mit der Emanzipation der Frau Schritt zu halten. Etwas mehr Fingerspitzengefühl wäre schön gewesen.

© SZ vom 18.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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