Das Computerspiel der Woche:Die eilige Johanna der Schlachthöfe

Hier glaubt man noch an die Zukunft. Die Kultspiele-Programmierer der Firma Rare haben mit "Perfect Dark Zero" einen extravaganten Shooter für die Xbox 360 geschaffen, der schon jetzt Zeug zum Klassiker hat.

Bernd Graff

Im Jahr 2000 stellte das Spiele-Zentrum "Rare" mit "Perfect Dark" für den N64 eine - nun ja - hautenge Lederfantasie vor, die unbedingt passend Joanna Dark getauft war.

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Kaum sind fünf Jahre vergangen taucht diese Joanna wieder auf - allerdings für die neue XBOX 360 von Microsoft. In wesentlich besserer Optik - das war zu erwarten. Und in heikel-hektischer Mission - das war zu befürchten.

Die tadellos rothaarige Joanna hat ungefähr die enge Kluft am wohlgeformten Leib, die auch die bösen Einbrecher aus der Vor-Tagesschau-Reklame tragen, die dann von einer intelligenten Alarm-Anlage vertrieben werden.

Joanna bewegt sich allerdings auf der guten Seite der Nacht - sie ist Geheimagentin, wird nicht vertrieben, allenfalls getrieben, weil alles, was mafiöse Zähne auf diesem Planeten hat, hinter einem Koffer mysteriösen Inhalts her ist, den sie zu hüten hat.

Warum das so ist, warum sie gegen ein Konsortium mit Namen dataDyne antritt, ist offen gestanden belanglos.

Story ist von dem Spiel nicht allzu viel zu erwarten. Eine plausible Atmosphäre aber schon, ebenso wie ein reichhaltiges Waffenarsenal: Das ist schon deswegen erwähnenswert, weil der Spiele-Plot in eine nicht allzu ferne Zukunft verlegt ist - was andere Hersteller gerne zur Begründung hakeliger Phantasie-Konstruktionen herziehen, die jedoch keinem Pupserchen an leisem Zweifel und Realitätssinn standhalten. Hier hingegen glaubt man noch an die Zukunft.

Was allerdings weniger plausibel scheint, sind die Kollegen, bzw. Missions-Begleiter von Joanna, die unsere gesteuerte Heldin im Einzelspieler-Modus zumeist umschwirren wie Motten das Licht.

Will sagen: Die KI (Künstliche Intelligenz), die deren Aktionen steuert, kann nicht "state of the art" genannt werden: Autonome Handlungen und Aktionen sind von ihnen ebenso wenig zu erwarten wie - zum Glück - ein wirklich intelligentes Verhalten der Gegner.

Die Bösen also immer angreifen. Und die Guten tapern der Heldin permanent uninspiriert vor die Füße: Was wohl an deren sexy Verkleidung liegen muss, von der sich die Mitagenten wohl kaum losreißen können.

Der Aufbau von Missionen folgt nach Plan: Man wählt nach einer kurzen Lagebesprechung die passende Waffe. Was nicht unbedeutend ist, denn man hat es mit einer abwechslungsreichen Reihe von Missionen zu tun: Mal geht es durch enge Dorf-Gassen, mal in feindliche Raumschiffe. Wobei die Missionen mit dem gewählten Schwierigkeitsgrad variieren.

Heikel etwa, wenn Joanna sich echsengleich im Schutz der Dunkelheit an ein Ziel heran, bzw. an einer Kamera vorbei schleichen muss.

Langweilig wird es ihr (und uns) jedenfalls nie.

Das gilt vor allem für die Mehrspieler-Modi - und es gilt vor allem wegen der ausgesprochen aufregenden Grafik, die Räumen wie Arealen durch eindrucksvolle Licht- und Schatteneffekte eine prickelnde Atmosphäre verleiht. Man wünscht sich, mehr von jener Heldin zu Gesicht bekommen zu können, die man das gerade durchs Geschehen steuert.

Dass das Spiel von der USK die Einstufung "Keine Jugendfreigabe" bekommen hat, ist aber gut so.

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