Dankesrede zum Mörike-Preis:Süßes Erschrecken

Bei kaum einem anderen Dichter liegen das Heitere und das Düstere so nah beieinander wie bei Eduard Mörike (1804-1875). Als Idylliker fasste ihm beim Anblick der Schönheit die Angst um deren Zerbrechlichkeit ans Herz.

Von Jan Wagner

Eduard Mörike war alles andere als ein Globetrotter; den Mozart seiner berühmtesten Novelle ließ er zwar in der Kutsche bis nach Prag holpern und schwanken, er selbst jedoch kam kaum je aus dem heimischen Schwaben heraus - wenn er auch innerhalb dieser engen Grenzen ungewöhnlich häufig umzog. "Was soll die dumme Neugierde auf die Fremde? nichts, als daß seine Phantasie toll wird!", schimpft der Vater von Maler Nolten in Mörikes gleichnamigem Roman; ein Künstlervater, pikanterweise ein Pfarrer wie Mörike selbst einer war, ein Vater jedoch, der nicht zu ahnen scheint, dass die Phantasie kaum mehr als einen Vorgarten, dass sie lediglich ein paar Quadratmeter Rasen oder noch weniger benötigt, um unrettbar toll zu werden.

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