Damals und heute:Glückliche Wiedergeburt

Gil Mehmert zeigt am Kleinen Theater Landshut erneut seinen zauberhaften "Frankenstein"

Von Egbert Tholl

Zwischen den Bildern da oben liegen 25 Jahre, was man am ehesten daran merkt, dass das ältere der beiden nur zwei Farben hat, schwarz und weiß. Damals wie heute sitzen Matthias Kupfer und Eckhard Preuß auf einem Sofa, damals wie heute schaut einer der beiden entsetzt, damals Kupfer, heute Preuß. Und Preuß spielt Cello. Eigentlich spielt er gar nicht richtig Cello. Er macht auf dem Instrument während der Aufführung ein paar Töne, nutzt es als Spielkameraden, der auch eine Person verkörpern kann, er knarzt und gurrt damit herum, um einen zarten Grusel-Soundtrack zu basteln.

Das Kleine Theater Landshut feiert in dieser Saison sein 25-jähriges Bestehen, und vor 25 Jahren inszenierte dort Gil Mehmert "Frankenstein", nach "Motiven von Mary Shelley", aber im Kern ist die Vorlage weniger deren Roman, sondern eine der Verfilmungen von diesem. Vor 25 Jahren gab es das Kleine Theater in seiner bestehenden Form, dem prächtig renovierten Rottenkolberstadel, noch gar nicht; man spielte in einem kleinen Hinterhaus, offenbar so gut, dass die Stadt Landshut beschloss, der Truppe um Sven Grunert ein neues Haus zu bauen. Beziehungsweise ein altes Haus in ein neues Theater umzuwandeln. Und dort, im inzwischen nicht mehr ganz neuen, aber immer noch sehr schönen Haus, erweckte Gil Mehmert seine Inszenierung von 1993 zu neuem Leben, was ja zum Stoff passt.

Es ist der Inszenierungsstil, in dem Mehmert auch ein paar Jahre später herrliche Wunderstücke im Metropol-Theater schuf, unvergessen etwa "I hired a contract killer". Beim "Frankenstein" reichen zwei äußerst unternehmungslustige Schauspieler, um eine Welt entstehen zu lassen, mit vielen Geräuschen, die sie alle mit ihren Körpern selber machen. Die Welt ist voll mit vielen Figuren, die zu spielen eine reine Lust sein muss. Jedenfalls vermitteln Preuß und Kupfer eine glücklichmachende, wache Freude an ihrem Tun. Viel Ironie ist da drin, natürlich, es ist federleicht und klug, weil die Inszenierung auch mit den Chiffren des Genres Horrorfilm spielt, aber nie die Geschichte aus dem Fokus verliert.

Diese Art von Theater altert nicht, auch wenn die beiden Akteure älter geworden sind. Aber sie sind immer noch gut beieinander, tun so, als improvisierten sie im Moment, aber das ist geschwindelt, denn alles ist hier präzise gebaut. Und wenn dann doch einmal eine der wenigen überhaupt vorhandene Requisiten fehlt, dann fragt der eine halt den anderen, wo zum Beispiel die Zigarette sei. Zigarette ist auch gut für Nebel, ohne den geht es ja im Horrorfilm nicht. Das ist schönstes analoges Theater, das eine Geschichte so erzählt, als höre man sie neu, obwohl man sie natürlich auswendig kennt. Für Preuß und Mehmert war "Frankenstein" der Beginn einer wunderbaren Zusammenarbeit. Zwölf Theaterstücke und zwei Filme haben sie gemacht. So könnte es eigentlich weitergehen.

Frankenstein; Aufführungen am 23. März, 8. und 27. April, 4. Mai und 15. Juni, Kleines Theater Landshut

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