CSU:Wahlwerbung 1949

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(Foto: Stiftung Haus der Geschichte)

Wer ist die einzige Partei, die sich wirklich um die Nöte der Flüchtlinge kümmert? Die CSU! Jedenfalls war das 1949 so. Das Plakat, mit dem sie damals um die Stimmen der Vertriebenen warb, wirkt heute wie Hohn.

Von Rudolf Neumaier

Seit es die CSU gibt, ist Bayern ein Flüchtlingsparadies. Gewesen. Im Sommer 1949, bei der Wahl zum 1. Bundestag, warb die Partei unter anderem mit diesem Plakat um Wählerstimmen. "Vertriebene! Eure Not ist unsere Sorge", lautete einer der beiden Wahlslogans. Der zweite klingt, als hätte ihn Angela Merkel im August 2015 wiederentdeckt, bevor sie in einer Pressekonferenz zur Ankunft Tausender Migranten verkündete: "Wir schaffen das." Die CSU hatte seinerzeit mit einem Apostroph geworben, der flotten Optimismus signalisierte: "Gemeinsam schaffen wir's." Die historische CSU-Wahlwerbung ist inzwischen zu einem Mem avanciert. Vor drei Jahren tat das Zentrum für Politische Schönheit im Archiv des Bonner Hauses der Geschichte dieses schöne Plakat auf. Seither kursiert es im Netz, meist mit einem verwunderten "Ha, die CSU!"

Bei den Vertriebenen handelte es sich um Deutsche, die aus Ländern wie Polen und der Tschechoslowakei geflohen und meist mittellos waren. Vielen Einheimischen, die sich selbst bedürftig fühlten, waren diese armen Teufel nicht gerade willkommen. "Flüchtlinge und Einheimische haben sich nach vier Jahren zu Klassen formiert, in Kampfstellung gegeneinander", schrieb der Spiegel im Juni 1949. Dass das Werben um Flüchtlingsstimmen für eine bürgerliche Partei wie die CSU keineswegs selbstverständlich war, zeigt ein Beispiel der Schwesterpartei CDU in Schleswig-Holstein aus dem Jahr 1950. Die Union forderte hier ausdrücklich "Keine Flüchtlingsparteien!" Doch Flüchtlinge waren nun mal wahlberechtigt. Und christlich waren sie auch. Also nahm die CSU in Kauf, dass sich ihre urbayerischen Wähler womöglich brüskiert fühlten. Sie versprach den Flüchtlingen "Existenz" und "Wohnung".

Die CSU heute ist von ihrem einstigen "Gemeinsam schaffen wir's" und von der CDU so weit entfernt wie Bayern von Schleswig-Holstein. Diese Woche hat AfD-Chef Gauland seine Freude darüber bekundet, dass die CSU das Vokabular seiner Partei übernehme. Den Begriff Asyl-Tourismus zum Beispiel.

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