Comics für Kinder:Ein Geister-Comic und einer mit dem bösen Fuchs

Gespenstische und tierische Familienverhältnisse werden lustvoll karikiert.

Von Christoph Haas

Kinder und Jugendliche brauchen Freunde. Sie sind so wichtig wie die eigene Familie, manchmal sogar noch wichtiger. Und ist eine Freundschaft nicht besonders schön, wenn sie sich gar nicht erwarten ließ? Dann heben Gegensätze, die unüberwindlich schienen, sich wie von Zauberhand auf.

In "Geisterstunde" von Ferdinand Lutz ziehen die kleine Rosa und ihr zwölfjähriger Bruder Louis in ein malerisches Wasserschloss. Kaum eingetroffen, begegnen sie einer Gespensterschar: Abrafaxus, ein geköpfter Zauberer, wohnt in der Folterkammer; Amalia, ein früheres Dienstmädchen, schwebt durch die Bibliothek; General von Finkweiler schwärmt für Kissenschlachten. Furchterregend sind diese bleichen Gestalten nicht, im Gegenteil: Bei einem Gewitter schlottern sie vor Angst, und im Fernsehen schauen sie gerne "Die 100 besten Geisterhäuser" an.

"Geisterstunde" besteht aus kurzen, vierseitigen Episoden. Wäre der Comic statt im Quer- im üblichen Hochformat gedruckt, könnte man sie sich mühelos auch als One-Pager vorstellen. Zu einer zusammenhängenden Geschichte addieren sie sich nicht, allerdings ist ein Zeitverlauf erkennbar. So ist die Oma von Rosa und Louis dement - eine traurige Sache. Am Schluss des Bandes aber ist sie glücklich: Denn nun ist sie so weit wieder zum Kind geworden, dass sie, wie ihre Enkel, die netten Gespenster sehen kann - eine Fähigkeit, die Erwachsenen versagt ist.

Noch ungleicher sind die Freundschafts- und Familienbande, die sich zwischen den Tieren in "Der große böse Fuchs" knüpfen. Der Titel ist höchst ironisch, denn dieser Fuchs ist ein Loser: Wenn er sich auf den Bauernhof schleicht, wird er jedes Mal verprügelt und davongejagt. Angestiftet von einem Wolf, setzt er daher einen teuflischen Plan um. Er klaut drei Eier; aus den Küken, die schlüpfen, soll einmal fettes, saftiges Futter werden. Aber leider halten die flaumigen Wesen den Fuchs dann für ihre Mutter - und sich selbst für Füchse.

Die Ausgangssituation dieses Comics ist nicht sehr originell, aber der französische Zeichner Benjamin Renner versteht es, ein Maximum an Komik aus ihr herauszuholen. Da gibt es Dialogwitz und herrliche Nebenfiguren, darunter einen phlegmatischen Hofhund und eine Truppe amazonenhaft schlagkräftiger Hennen. Die Hintergründe beschränkt Renner gerne auf ein Minimum, um sich in seinen randlosen Bildern auf die Mimik und Gestik der Figuren zu konzentrieren. Als Vorbild ist der große Jean-Marc Reiser erkennbar, dessen aggressiver Humor und rigorose Ästhetik der Hässlichkeit hier allerdings abgemildert sind. Eigentlich ist dies ein Comic für Erwachsene - aber auch ältere Kinder können, aufgrund des Slapsticks und der ihnen gemäßen Themen, an "Der große böse Fuchs" schon viel Vergnügen haben. ( ab 10 Jahre)

Ferdinand Lutz (Text und Zeichnungen): Rosa und Louis: Geisterstunde. Reprodukt Verlag, Berlin 2017. 60 Seiten, 12 Euro.

Benjamin Renner (Text und Zeichnungen): Der große böse Fuchs. Aus dem Französischen von Benjamin Mildner. Avant - Verlag, Berlin 2017. 192 Seiten, 25 Euro.

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