Comic & Typografie:Drei Fragezeichen

Comic & Typografie: Abbildung aus "Asterix und Kleopatra".

Abbildung aus "Asterix und Kleopatra".

(Foto: Egmont Ehapa Media GmbH/©Les Editions Albert René/Uderzo-Goscinny)

Einen Zeichner, der den Buchstaben und typografischen Einfällen so viel Aufmerksamkeit widmet wie Albert Uderzo gibt es nicht oft.

Von Catrin Lorch

Für den Leser ist der Comic eine Erzählform, in der sich Schrift und Bild - zuweilen - virtuos ergänzen, ja verschmelzen. Geübte Augen ziehen beides im Lesefluss zusammen, man springt nicht zwischen Zeichnung und Buchstaben, man sieht, fast, einen Film.

Im Atelier, in der Zusammenarbeit zwischen Zeichner und Texter wird das anders aussehen: Natürlich konkurriert man um den Platz. Und aus der Perspektive des Zeichners beschneiden Textzeilen und Sprechblasen den Raum, in dem sich der Zeichenstift ausbreiten kann. Doch muss man sich die Zusammenarbeit zwischen René Goscinny und Albert Uderzo womöglich als Ausnahme vorstellen. Einen Zeichner, der den Buchstaben und typografischen Einfällen so viel Aufmerksamkeit widmet wie Uderzo, gibt es nicht oft.

Dass die Töne, die der Barde seinem Instrument entlockt, wie zerbeult um das Instrument kreisen, vermittelt, wie zerdengelt sich dessen Musik anhören muss. Und Uderzo ist sogar bereit, kostbare Bildfläche zu opfern, wenn nur die typografische Idee zieht. Wie man etwa banges Erstaunen darstellt? Als Zeichner hat man das eigentlich drauf - von den hochgezogenen Augenbrauen, den aufgerissenen Augen bis zur Körperhaltung, die Überraschung, Erschrecken, Verwunderung einkreist. Uderzo allerdings verzichtet da schon mal: Es reicht ja, wenn man drei fette Fragezeichen in der Luft schweben lässt - die Figuren dazu muss Uderzo gar nicht zeigen. Und das lässt sich noch steigern - noch mehr Erstaunen sind einfach noch mehr Fragezeichen. Bild für Bild. Bis gar kein Platz mehr ist in der Luft, vor lauter Fragezeichen. So verwendet, sind Satzzeichen und Typografie nicht nur wirkungsvoll, sondern bildmächtiger als einfache Illustration.

Dass Uderzo zudem schon mal Fraktur verwendet, wo er die Goten auftreten lässt, oder die Ägypter in Hieroglyphen sprechen, klingt noch nicht besonders ungewöhnlich. Klar, wo eine Fremdsprache ihre eigene Typografie mitbringt, liegt es nahe, aus fetten Serifen oder eigentümlichen kleinen Motiven ein paar Funken zu schlagen. Aber Uderzo haut richtig drauf. Man weiß ja, dass die Hieroglyphen der alten Ägypter als nicht komplett entschlüsselbar gelten. Was Uderzo Gelegenheit gibt, in "Asterix und Kleopatra" aus pseudo-historischen Versatzstücken und schlichten Piktogrammen fließendes Ägyptisch zu formulieren.

Der immer wiederkehrende Mann im Ausguck (unsere Abb.) warnt ein paar Seiten zuvor vor Wellen und Booten und einem Totenkopf. Was der Leser sofort zu "Piraten!" zusammensetzt. Am Ende, kurz vor der südfranzösischen Küste, kündigt der Ausguck dann "Frankreich" an. Mit einer Weinflasche? Einem Gallier-Helm? Nein: In einem knappen Symbol, so sprechend wie ein kurzes Wort. Mit einer schwarz gefärbten Landkarte; den Umrissen der Heimat von Asterix und Obelix. Und vieler ihrer Leser.

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