Comeback für David Hasselhoff:The Hoff - Looking for Stadl

David Hasselhoff hat ein besonderes Verhältnis zu den Deutschen. Nun will er im Musikantenstadl sein Comeback feiern.

Claudia Fromme

Als Deutscher muss man sich im Ausland die immergleichen Fragen anhören. Manche zeugen von einer gewissen Bildungsferne: Steht die Mauer bei euch noch? Anderes betrifft hingegen Feinheiten des deutschen Alltags: Geht ihr wirklich alle nackt an den Strand? Und dann gibt es noch die Kategorie Fragen, die gar nicht als solche gedacht sind, sondern allenfalls als mitleidige Feststellungen: Verehrt ihr wirklich David Hasselhoff?

David Hasselhoff, Foto: dpa

Comeback bei Andy Borg: David Hasselhoff.

(Foto: Foto: dpa)

Meist sagen sie "The Hoff", wenn sie den US-Schauspieler und Sänger meinen. In Deutschland kennen nicht alle das internationale Kürzel, und so können einige Gesten wie jene der australischen Hockeynationalmannschaft nicht voll würdigen. Beim Oktoberfest im vergangenen Jahr erschien das Team mit T-Shirts, auf denen "Hofftoberfest" gedruckt war und schemenhaft ein Kerl mit Pudelfrisur. Die Australier erwarteten Applaus, Schulterklopfen, irgendwas. Sie blickten in: leere Gesichter. "Hoff, you know?", riefen sie verzweifelt, die Deutschen fragten: "Wos?"

Germany ist Hoffland. War Knight Rider in den USA vorrangig bei Kids beliebt und hat Baywatch von 1989 bis 1999 mit Zeitlupenszenen oberweitenstarker Rettungs-schwimmerinnen weltweit Pubertierende um den Verstand gebracht, ist er als Sänger, 57, allein im deutschsprachigen Raum erfolgreich. Weltweit wird dies ungläubig verfolgt und mit Aktionen wie jener der Hockeyspieler kommentiert.

Hasselhoff selbst würdigt die Treue, indem er deutschen Fans seit Jahren obskure Botschaften zustellt. Jüngster Zugang: Er will sich in dem Weiler Hasselhof bei Kassel Land kaufen und Ahnenforschung betreiben. Sagt er Bunte. Und er liebt deutsche Frauen, für die er sein Singleleben aufgeben würde, das er in L.A. mit einem Papagei teilt. Sagt er allen.

Den vorläufigen Höhepunkt seines Daseins als Unterhaltungsgastarbeiter aber markiert der Ort, den er für die Weltpremiere seines neuen Liedes "This Time Around" gewählt hat: der Musikantenstadl. Er will am Samstagabend dort Halt machen, wo die deutsche Seele am tiefsten sitzt, und die verlangt nach: "Looking for Freedom" Er wird das Lied im Duett mit Andy Borg singen, dem Gastgeber.

"Muss I denn" mit Stefan Raab

Wer Hasselhoff über die Woche verfolgt hat, den kann nichts schockieren. Angespornt durch die Ankündigung von The Borg, mit The Hoff zu singen, begleitete Markus Lanz den Besucher drei Tage zuvor beim Freiheitslied am Piano, danach sang Stefan Raab mit ihm "Muss I denn". Hasselhoff macht artig mit, ruft "Wie geht's? Alles klar!" Witze über seine Alkoholsucht ignoriert er. Er hat Musik zu verkaufen und seine Memoiren, die "Wellengang meines Lebens" heißen.

Aber warum ist er nun so erfolgreich in Deutschland? Der Mastermind hinter Hasselhoff ist nicht K.I.T.T, der sprechende Pontiac aus Knight Rider, sondern ein Metzgerssohn aus Köln. Bürgerlich heißt der Horst Nußbaum, beruflich Jack White, er ist einer der erfolgreichsten deutschen Musikproduzenten. Er brachte Laura Branigan mit "Self Control" in die US-Top-Ten, Pia Zadora und Jermaine Jackson mit "When the rain begins to fall" - und er bedient Tony Marshall, einen Dauergast im Musikantenstadl.

"Dieser Typ! Diese Magic!"

"Ich hatte keine Ahnung, ob der singen kann", erinnert sich Jack White, 69, an seine erste Begegnung mit Hasselhoff, "ich wusste nur: Das ist mein Mann." Der Produzent weilt derzeit in Kitzbühel, und obwohl die Sonne scheint, berichtet er von: Gänsehaut. Die habe er grad bekommen, sagt er, wegen der Erinnerung. Klar. "Dieser Typ! Diese Magic! Diese irrsinnige Ausstrahlung!" Sein Look sei das Wichtigste gewesen, aber David habe auch "eine gewisse Basis" als Sänger. Nur eine Woche lang habe man Zeit gehabt, ein Lied aufzunehmen, und so recycelte er kurzerhand "Looking for Freedom", das er 1978 für den irischen Sänger Marc Seaberg komponiert hatte und das im selben Jahr Tony Marshall als "Auf der Straße nach Süden" schmetterte. Hasselhoff sang den Mitklatschschlager im Studio ein, fertig war der Paartanzhit.

Von März 1989 an war er acht Wochen Nummer eins in Deutschland, das gleichnamige Album zog nach. Die Serie "Baywatch", die in den USA nach einer Staffel eingestellt worden war, fand durch die Popularität Hasselhoffs in Europa neue Investoren und die Unterstützung der Kirch-Gruppe - und wurde zur meistgesehenen Serie in 144 Ländern. Hasselhoff hat Deutschland einiges zu verdanken.

Gänsehaut-Moment

Er will auch etwas zurückgeben. Einer der Momente großer Gesten, die sich in das kollektive Gedächtnis eingebrannt haben, ist, wie er im November 1989 in einem illuminierten Satinblouson einer halben Million Menschen in Berlin auf der Mauer zusang: "I've been lookin' for Freedom, I've been lookin' so long ..." Ein Gänsehaut-Moment, im positiven wie im negativen Sinne. Die einen sehen dies als Meilenstein der Musikgeschichte, die anderen streiten sich bis heute darüber, ob nun die Scorpions mit "Wind of Change" Deutschland mehr Spott im Ausland eingebracht haben oder David Hasselhoff mit seinem ganz persönlichen Mauerfall.

Jack White machte mit ihm noch vier Alben, vier mal Platin, vier mal eine Million verkaufte Stück. Dann trennten sich die Wege. "Er hat sich verändert, hatte andere Ideen", sagt der Produzent. Hasselhoff wollte Rock'n'Roll machen, White Schlager. Dass die härtere Gangart nicht funktionieren würde, habe er gleich gewusst, behauptet White. Nach einer langen Funkstille hätten sie sich im Beverly Hills Hotel in Los Angeles vor Jahren wiedergetroffen.

"Versuch eines Comebacks"

Es muss ein großer emotionaler Moment gewesen sein, "wir lagen uns in den Armen", Jack White. Im Musikantenstadl werden sie sich wieder treffen, wenn Hasselhoff seine neue Single vorstellt, die "romantisch" sein soll, eher angelehnt an seine diversen Musicalauftritte der vergangenen Jahre. White selbst schickt Rosi Schipflinger, die singende Wirtin aus Kitzbühel, mit ihrem Partner Leo ins Rennen. Am Samstag werde "ein neuer Stern am Volksmusikhimmel" geboren, sagt White. Er meint nicht Hasselhoff damit. Dem drücke er aber für den "Versuch eines Comebacks" alle Daumen.

Es waren nicht Schauspiel und Gesang, die David Hasselhoff in den vergangenen Jahren im Gespräch hielten, sondern der Alkohol. Nach dem Ende von "Baywatch" sei er in ein tiefes seelisches Loch gefallen, sagte er einmal, und in seiner Biographie schreibt er, dass er sich auf Tourneen über eine Minibar nach der anderen hergemacht hätte. Mal randalierte er am Londoner Flughafen Heathrow, dann wurde er wieder ohnmächtig in irgendwelchen Hotelzimmern aufgefunden, dann erklärte er sturztrunken bei der Verleihung der MTV Europe Awards 2009, dass er die erste Person war, die nach dem Mauerfall in Berlin gesungen habe und damit ja eigentlich für das Ende verantwortlich sei.

Stadl als Anfang einer neuen Karriere

Dann war noch da dieses Video, das es in alle Nachrichtensendungen geschafft hat. Im Jahr 2007 hatte seine Tochter Taylor-Ann gefilmt, wie er sturztrunken wie ein Hund auf dem Boden lag und versuchte, einen Burger zu essen. "Daddy sag mir, dass du mit dem Trinken aufhörst, bitte sag mir, dass du aufhörst", hörte man seine Tochter flehen. Selten hatte er so viel Presse, wie nach diesem Vorfall. Das war nicht lustig, sondern bitter. Es sei ein "tagtäglicher Kampf", die Sucht in den Griff zu bekommen, sagt Hasselhoff. "Gott schickt dir auch manchmal einen Schuss vor den Bug, damit du wieder aufstehst."

Der Stadl soll der Anfang einer neuen Karriere sein, das wünscht sich Hasselhoff. Dass sein musikalischer Erfolg auch in Zukunft eher regional beschränkt sein wird, ahnt er sehr wohl. "Ich werde wieder nach Deutschland fliegen, wo meine Musik immer noch beliebt ist", kündigte er seine derzeitige Reise im Interview mit der Las Vegas Sun an. Er schien sich selbst ein wenig darüber zu wundern.

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