"Codename U.N.C.L.E." im Kino:Kalter Krieg ist cool

"Codename U.N.C.L.E." im Kino

Rollende Agenten: CIA-Mann Napoleon Solo (Henry Cavill, links) und KGB-Spion Illya Kuryakin (Armie Hammer) teilen sich einen fahrbaren Untersatz - mitten im Kalten Krieg.

(Foto: dpa)

Die Vorlage stammt von James-Bond-Erfinder Ian Fleming - jetzt hat Guy Ritchie die Agenten-Kultserie "Codename U.N.C.L.E." verfilmt. Doch seinen Stars haftet der Ruch des Flops an.

Von Susan Vahabzadeh

Irgendwann, und der Augenblick naht, wird keine Sechziger-Jahre-Fernsehserie mehr übrig sein, die Hollywood noch nicht exhumiert und reanimiert hat wie Frankenstein sein Monster. Die meisten, von der "Addams Family" über "Maverick" bis zu "Mission: Impossible", gibt es ja schon längst als Kinoversion. Diese Woche kommt noch eine hinzu, die bislang unangetastet geblieben war: "Solo für O.N.C.E.L." - eine Serie, die die Welt auf ganz wunderbare Art nicht ganz so ernst nahm, was man schon an der Konstellation erkennt.

Da kämpfen, mitten in den Eistiefen des Kalten Krieges, zwei wahnsinnig kluge, gewitzte und einander ebenbürtige Super-Agenten als Team für die Weltrettung. Der eine, Napoleon Solo, ist Amerikaner; der andere, Illya Kuriyakin, kommt aus der Sowjetunion. Guy Ritchie schickt die beiden nun wieder ins Rennen - und gerade weil er dabei eine Hollywood-Regel nach der anderen über Bord wirft, ist das Ergebnis sehr lustig, und unterhaltsam, manchmal sogar geistreich.

Die Einstiegssequenz ist dann auch gleich recht vielversprechend. Da kommt Napoleon Solo in eine Autowerkstatt in Ostberlin und versucht, eine Mechanikerin für die CIA zu rekrutieren: Gaby (Alicia Vikander), die zurückgelassene Tochter von "Hitlers Lieblingsraketenforscher".

Die TV-Vorlage wurde einst von James-Bond-Erfinder Ian Fleming konzipiert

Dieser Forscher (Christian Berkel) ist den Amerikanern unlängst abhandengekommen. Die Flucht der beiden ist irrwitzig - eine surreale Zirkusnummer. So kam man zwar nie über die Mauer, aber auf der Leinwand sieht es wenigstens toll aus, so gewitzt, dass man ihnen dafür sogar vergibt, dass das Deutsch, das sie im Original sprechen, jeder Undercover-Aktion sofort den Garaus machen würde.

Der KGB-Mann, der die beiden verfolgt, macht alle Winkelzüge mit. Am nächsten Morgen, drüben in West-Berlin, trifft Solo ihn wieder: Die beiden sollen sich Gaby Teller schnappen, nach Rom fahren und dort zusammen den Raketenforscher auftreiben. Dort begegnen sie einem schönen Partygirl, Victoria Vinciguerra, die so kalt lächelt, dass sie unbedingt eine Verschwörerin sein muss; und einem bebrillten Engländer, den sie erst einmal für komplett unwichtig halten, was er aber nicht ist. Man ahnt das, sobald man hinter der Brille Hugh Grant erkennt.

Kinostart - 'Codename U.N.C.L.E.'

Welche Rolle spielt Waverly? Der Mann hinter der getönten Brille ist erst auf den zweiten Blick als Hugh Grant erkennbar.

(Foto: dpa)

Ritchie, der zuletzt die "Sherlock Holmes"-Filme mit Robert Downey jr. gemacht hat, schwelgt in wunderbaren Sixties-Dekors und den dazugehörigen Kleidern. Und seine drei Helden, Gaby inklusive, haben einen Rat-Pack-scharfen Sinn für Humor. Gaby schafft sich im Westen als Erstes falsche Wimpern an, einen ordentlichen Lidstrich und den dazugehörigen Augenaufschlag - kämpfen kann sie nämlich schon. Der Kalte Krieg ist hier vor allem cool.

Der Film hat dann, außer den Eckdaten, nicht mehr viel zu tun mit der Serie von einst, die Ian Fleming konzipiert hat, als Fernsehantwort auf seinen James Bond. Auch in "U.N.C.L.E", in der alten Serie wie im neuen Film, müssen die Agenten antreten gegen eine Bande, die die Weltherrschaft - drunter machten es auch in den Sechzigern die Bösewichter nicht - an sich reißen wollen. Ritchie tut aber, was in den Sechzigern sicher tabu gewesen wäre: In Italien haben sich, finden Kuryakin, Solo und Gaby Teller heraus, ein paar übrig gebliebene Nazis verschanzt und planen die Eroberung des Planeten - weshalb sie den Raketenforscher entführt haben.

Ritchie geht Risiken ein

Ob nun Ritchies Fassung, eindeutig auf Fortsetzung angelegt, wirklich so richtig gut funktionieren wird zwischen der Blockbuster-Konfektionsware um ihn herum - das ist fraglich, weil er selbst keine Konfektionsware ist. Ritchie geht eine Reihe von Risiken ein; und er macht einiges nicht, was angeblich sein muss. Das geht damit los, dass er die Serie in den Sechzigern lässt - die Studios verlangen aber meist, dass die Serien, "Starsky & Hutch", "Mission: Impossible", Jump Street" und die meisten anderen, in die Gegenwart verlegt werden.

Und als Stars hat sich Ritchie zwei Jungs ausgesucht, denen der Ruch des Flops anhaftet: Henry Cavill, dessen Superman-Auftakt "Man of Steel" vor zwei Jahren die Erwartungen an die Einspielergebnisse nicht erreicht hat. Und Armie Hammer war, im selben Jahr, der "Lone Ranger", der an den Kassen spektakulär versagte. Das zeugt eigentlich von Selbstbewusstsein, wie manches in diesem Film. Beispielsweise die Musik.

Die Bösen immer hinterher

Da ist zum Beispiel eine wunderbare Sequenz, in der Solo und Kuryakin nachts das Forschungslabor der Nazis in Italien gefunden haben. Es liegt an der Küste und hat ein Hafenbecken, das mit einem riesigen Tor verriegelt ist. Als die beiden aufgeflogen sind, rasen sie mit einem Motorboot kreuz und quer durchs Becken, die Bösen immer hinterher. Solo fällt ins Wasser und steigt an Land in einen Lastwagen. Von da an sieht man die wilde Jagd nur noch durchs Autofenster, während sich Solo einen italienischen Schlager im Radio anhört und ein Körbchen findet mit einem Imbiss. Für einen Blockbuster ist so eine Einstellung viel zu subtil - und viel zu ruhig.

In dieser Szene ist es am auffälligsten, wie Musik - hier von Daniel Pemberton - als Untermalung, nicht als Übermalung eingesetzt wird. Gerade in Action-Szenen ist es inzwischen üblich, mit lauten, harten Beats das Adrenalin der Zuschauer hochzupuschen - im Allgemeinen, damit sie die langweilige Gleichförmigkeit der jeweiligen Verfolgungsjagden nicht bemerken. Wie Solo die wilde Jagd im Becken dann beendet, ist einfach, aber originell. Ritchie hat diese Szene so gemacht, als sei er sich auch ganz sicher, dass er hier nicht künstlich Action vorspiegeln muss.

Die Agenten verbreiten Retrosehnsucht: Alles wird gut werden

"Codename U.N.C.L.E." war eigentlich mal ein Projekt von Steven Soderbergh, der dann nicht nur diesen Film nicht machte, sondern gleich dem ganzen Kino den Rücken kehrte - unter anderem ging es ihm ganz fürchterlich auf die Nerven, dass er jedes Studio-Meeting über die Finanzierung eines Films mit dem Adjektiv intelligent sprengen könne, hat er gesagt. Ganz sicher ist Hollywood in einer kreativen Krise. Was aber, wenn es auch eine Publikumskrise gibt, und es tatsächlich keine Zuschauermassen mehr gibt, die sich mitreißen lassen von leisen Tönen und schönen Bildern und Stimmungen?

Die Stimmung, die diese weltrettenden Superagenten verbreiten, das ist Retrosehnsucht. Das Kino folgt da Moden, die viel mit der Kinogeneration zu tun haben, die hier am Werk ist. Ganz früher einmal sehnten sich die Filme in vergangene Jahrhunderte zurück und vor vierzig Jahren, mit "Stand By Me" und "Grease" und "Zurück in die Zukunft", in die Fünfziger. Die Sechziger aber sind in, seit sie passiert sind - die psychedelischen Muster und die grellen Farben und alles, was dazugehört: Wohlstand und Befreiung, eine übersichtliche Welt und die Hoffnung, eines Tages werde alles gut; im Rückblick sieht der Kalte Krieg wie ein langer Frieden aus.

Der coole Napoleon Solo, der romantische Illya Kuryakin und die rotzfreche Gaby Teller verkörpern das sehr schön und stilvoll, den festen Glauben daran, dass sich das Gute erkämpfen lässt. Es wäre wirklich schade, wenn sie nicht weitermachen würden, als währten die Sechziger ewig.

The Man from U.N.C.L.E., USA 2015 - Regie: Guy Ritchie. Drehbuch: Guy Ritchie, Lionel Wigram. Kamera: John Mathieson. Musik: Daniel Pemberton. Mit: Henry Cavill, Alicia Vikander, Armie Hammer, Hugh Grant, Jared Harris, Elizabeth Debicki, Christian Berkel. Warner, 116 Minuten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: