Cannes und das Ehepaar Sarkozy:Star wider Willen

Nicolas Sarkozy und Carla Bruni stehen im Rampenlicht der Filmfestspiele, obwohl sie der Bühne fernbleiben: Sie soll schwanger sein - und über ihn wird ein unschmeichelhafter Enthüllungsfilm gezeigt, der ihm schaden könnte.

Stefan Ulrich

Dabei sein ist nicht alles, das beweist das französische Präsidentenpaar. Nicolas Sarkozy und Carla Bruni stehen im Rampenlicht der Filmfestspiele von Cannes, obwohl sie der Bühne fernbleiben. Madame Bruni wäre ja gern gekommen, wegen ihrer hübschen Nebenrolle in Woody Allens Film "Midnight in Paris". Doch sie sagte ab, "aus persönlichen und beruflichen Gründen". Nun rätselt man auch in Cannes, ob das singende Ex-Model tatsächlich schwanger ist.

File photo of France's President Nicolas Sarkozy and first lady Carla Bruni-Sarkozy smiling in Strasbourg

Das französische Präsidentenpaar ist in Cannes live nicht dabei - wohl aber im Film, beide unanbhängig voneinander.

(Foto: REUTERS)

Auch der Vater des potentiellen Babys, Monsieur le Président, hält die Festspielwelt in Atem. Schließlich steht er als erster amtierender französischer Präsident im Mittelpunkt eines Kinospielfilms.

"La Conquête", "Die Eroberung", heißt das Werk des Regisseurs Xavier Durringer, das kommende Woche in Cannes präsentiert wird. Darin geht es um die Geschichte eines Mannes, der die Macht gewinnt und seine Frau verliert. Die Filmemacher versprechen tiefe Einblicke hinter die Kulissen der Macht, in eine Welt voller Kampf, Liebe und Leidenschaft. Kein Wunder, dass Frankreich seit Wochen über den Film diskutiert.

Dabei hat noch niemand "La Conquête" gesehen, nicht einmal der Präsident. Das für französische Gepflogenheiten kühne Projekt, Sarkozys Aufstieg zur Macht in den Jahren 2002 bis 2007 schonungslos und samt seinem Privatleben darzustellen, wurde zunächst in aller Heimlichkeit vorangetrieben. Drehbuchautor Patrick Rotman las Dutzende Bücher über Sarkozy, wertete Presse und Filmaufnahmen aus, sprach mit Zeitzeugen, ohne seine Absicht zu verraten.

Lesen Sie weiter auf Seite 2, was den Film gefährlich macht - für den Präsidenten.

Herausgekommen soll ein Film sein, der zwar viele erfundene Szenen erhält, aber dennoch der historischen Wahrheit entspricht. Wichtige Rollen spielen dabei Sarkozys erbitterter Parteifeind Dominique de Villepin, der damalige Präsident Jacques Chirac sowie die spätere Ministerin Rachida Dati, über die gemunkelt wurde, was eben so gemunkelt wird über attraktive Frauen in Reichweite des Präsidenten.

Und dann ist da noch Cécilia, dessen langjährige Ehefrau und wichtigste Beraterin. Sie verließ Sarkozy 2005, kehrte bald darauf zurück, um sich nach seinem Einzug in den Élysée endgültig von ihm zu trennen.

"Viele Menschen werden überrascht sein von der Gewalttätigkeit und Rohheit der Sprache und des Milieus", kündigte Autor Rotman an. "Es geht darum, den anderen zu töten, und in der Politik schießt man mit Worten." Männer wie Chirac und Villepin sprächen auch im wahren Leben wie Fuhrleute, und Sarkozy überziehe seine Entourage mit Tobsuchtsanfällen.

Es wird also kein schmeichelhaftes Bild des heutigen Präsidenten gezeichnet, auch wenn der Schauspieler, der ihn mimt, versichert, er wolle Sarkozy verkörpern und nicht verurteilen.

Dessen heutige Ehefrau Carla Bruni räumt ein, sie erwarte den Film mit gewisser Beunruhigung. Doch sie werde ihn ansehen. Der Protagonist selbst verweigert sich dem Werk. Er habe "keine Lust, ,La Conquête' zu sehen", sagt der Präsident. Er müsse seine geistige Gesundheit schützen, weshalb er auch keine Artikel über sich lese. "Zu viel Narzissmus macht einen verrückt", sagt Sarkozy.

Spannend wird, wie sich der Film auf den Präsidentschaftswahlkampf 2012 auswirkt. Sarkozy ist derzeit sehr unpopulär. "Die Eroberung" dürfte seine Sympathiewerte weiter drücken. Wenn er den Trend nicht umdreht, könnte der nächste Film über ihn lauten: "La Défaite" - "Die Niederlage".

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