Cannes-Jury: Isabelle Huppert:Die heißkalte Frau

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Früher kam sie nach Cannes, um den Preis entgegenzunehmen. Nun hat Isabelle Huppert die Seite gewechselt und sitzt als Präsidentin in der Jury.

Susan Vahabzadeh

Wenn Isabelle Huppert an diesem Mittwochabend bei der Eröffnung der Filmfestspiele in Cannes ihre Jurorentätigkeit beginnt, macht sie das zum zweiten Mal. 1984 gehörte sie bereits dem Gremium an, als "Paris, Texas" von Wim Wenders gewann. Diesmal allerdings ist sie die Präsidentin. Unter ihrem Vorsitz wird die Jury einen hochkarätig besetzten Wettbewerb begutachten. "Zerrissene Umarmungen", der neue Film von Pedro Almodóvar wird dabei sein, Ang Lees "Taking Woodstock", Tarantinos "Inglourious Basterds", "Antichrist" von Lars von Trier - und "Das weiße Band", das neue Werk von Michael Haneke, mit dem Huppert 2001 die Jelinek-Verfilmung "Die Klavierspielerin" gedreht hatte.

Für ihre Rolle in "Die Klavierspielerin" wurde sie in Cannes ausgezeichnet. Dieses Jahr ist Isabelle Huppert Jury-Präsidentin. (Foto: Foto: dpa)

Man sollte vielleicht, hat Huppert vorab gesagt, der Wettbewerbs-Jury einmal alle Filme vorführen, ohne jeweils zu verraten, wer sie gemacht hat. "Einen Film entdeckt man als das, was er ist. Ein großer Regisseur versucht sich immer wieder neu zu erfinden."

Bei den Filmfestspielen in Cannes bekam Isabelle Hupperts Karriere einst den ersten wichtigen Schub. 1978 kam sie als junge, noch relativ unbekannte Schauspielerin auf das Festival. Sie hatte gerade die Vatermörderin gespielt in Claude Chabrols "Violette Nozière" - und gewann den Darstellerpreis. 2001 wurde sie in Cannes ein zweites Mal ausgezeichnet, für ihre kühle, selbstzerstörerische Darstellung in "Die Klavierspielerin". Das ist die Rolle, die sie perfektioniert hat: die heißkalte Frau. Die spielte sie 1988 in "Eine Frauensache" (als Engelmacherin), dann 2005 in "Gabrielle" für Patrice Chéreau, und im Jahr darauf für Chabrol in "Geheime Staatsaffären", als Staatsanwältin, der die Machtspiele ihrer Gegner Spaß zu machen beginnen. Immer ist sie die Beherrschte, aber man hat eine Ahnung von innerer Glut.

Isabelle Ann Huppert wurde am 16.März 1953 in Paris geboren, und sie wuchs in der Nähe der französischen Hauptstadt in sehr bürgerlichen Verhältnissen auf. Mit achtzehn Jahren spielte sie das erste Mal in einem Fernsehfilm, dann studierte sie Schauspiel am Conservatoire national supérieur d'art dramatique. Inzwischen hat sie, neben den zwei Cannes-Preisen, auch einen Silbernen Bären in Berlin gewonnen, einen Bafta und einen César, hat an die achtzig Filme gedreht, ihren Ausflug nach Hollywood - als Prostituierte in Michael Ciminos legendärem "Heaven's Gate" - absolviert. Am meisten zu ihrem internationalen Ruhm beigetragen haben aber die Filme, die sie mit Claude Chabrol gemacht hat, acht insgesamt. Es bedeutet ihr viel, wenn ein Regisseur sie immer wieder engagiert: "Es ist eine Bestätigung. Für einen Regisseur einen Film zu machen, das ist für eine Schauspielerin auch ein Liebesbeweis, ein weiterer ist dann dessen Bekräftigung. Das ist so, als würde man den Schwur jedes Mal erneuern."

Sie ist übrigens, auch wenn das Festival das behauptet hat, keineswegs erst die vierte Frau nach Liv Ullmann, Jeanne Moreau und Françoise Sagan, die der Cannes-Jury vorsitzt. Da sind der Pressestelle einige prominente Vorgängerinnen durchgerutscht, unter anderem Sophia Loren, Ingrid Bergman und Isabelle Adjani.

© SZ vom 13.05.2009/bey - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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