Burda: Generationenwechsel:Ein Verleger tritt kürzer

Das Vorbild war Michael Otto. Zeitschriftenfürst Hubert Burda zieht sich, kurz vor dem 70., aus dem Tagesgeschäft zurück. Ein Finanz-Ass übernimmt.

Hans-Jürgen Jakobs

Runde Geburtstage sind eine wunderbare Sache, Dinge zu regeln. In einigen Wochen, am 9. Februar, wird der Münchner Verleger Hubert Burda 70 Jahre alt, und da dachte er sich, wieder etwas für die geordnete Nachfolge in seinem Haus zu tun: Er tritt zum Jahresanfang als Vorstandsvorsitzender zurück und überlasst das Tagesgeschäft dem gewieften Finanzspezialisten Paul-Bernhard Kallen. Der 52-Jährige ist schon heute im Vorstand zuständig für Finanzen, Technik und digitale Medien - und damit der starke Mann.

Burda: Generationenwechsel: Hubert Burda (links) übergibt die Führung an den Finanzspezialisten Paul-Bernhard Kallen ab.

Hubert Burda (links) übergibt die Führung an den Finanzspezialisten Paul-Bernhard Kallen ab.

(Foto: Foto: oH, Montage: sueddeutsche.de)

Die neue Regelung dürfte nicht bedeuten, dass Hubert Burda in der Vorstandsrunde am Montag auf Wortbeiträge verzichtet. Er will sich nicht zurückziehen, sondern weiter die strategischen Linien bestimmen. Aber die konkreten Entscheidungen, was beispielsweise beim kränkelnden Nachrichtenmagazin Focus zu tun ist, überlässt er letztlich dem Neu-Chef Kallen. Für das Blatt ist Vorstand Philipp Welte zuständig. Der Abschied von Focus-Gründer Helmut Markwort, 73, ist bereits angekündigt, in der Chefredaktion übernimmt Wolfram Weimer, 45, das schwere Erbe.

Seit langem beschäftigt sich Burda mit dem Übergang seines Verlags auf die nächste Generation. Die Erkenntnis, dass rechtzeitig Jüngere ins Amt kommen müssen, kam ihm beim Abgang des Hamburger Versandhausunternehmers Michael Otto vor mehr als zwei Jahren. Mit 64 Jahren wechselte Otto in den Aufsichtsrat und gab das Management an Familienfremde - und allem Anschein nach erwog Burda damals, er müsse diesem Modell folgen. Eine Firma könne sonst irgendwann ins Schlingern geraten, das war die Hamburger Erkenntnis.

Als Nachfolgerin auf dem Vorstandschefposten guckte er sich zunächst Christiane zu Salm aus; die ehemalige Chefin von MTV Deutschland und Neun Live ist eine langjährige Freundin von Burdas Frau Maria Furtwängler. Doch der Einsatz der Kronprinzessin im Burda-Vorstand scheiterte im November 2008 nach wenigen Monaten. Und Kallen, der nüchterne Volkswirt mit dem Blick für Okkasionen, bekam mehr Macht. Gleichzeit holte Burda den Manager Philipp Welte, 47, zurück nach München, wo er inzwischen das Stammgeschäft der Zeitschriften leitet. De facto hat Burda nun einen Zwei-Mann-Vorstand.

Dem amtierenden Präsidenten des Zeitschriftenverlegerverbands hat gefallen, wie Kallen im Zukunftsfeld der digitalen Medien Risiko und Chance verband. Burda selbst erspürte als einer der Ersten in der deutschen Verlegergilde die Chancen des Internets, musste jedoch erleben, wie seine Kreation Europe Online in den neunziger Jahren an den Notwendigkeiten des Geldverdienens scheiterte und wie Focus Online den Rivalen Spiegel Online unaufholbar vorbeiziehen lassen musste. Eher ungeschickt redete Burda vor einem Jahr das eigene Geschäft herunter. Man verdiene im Netz nur "lousy pennies", verkündete er.

Dass es auch anders geht, will Kallen beweisen. Er steuert - ausgelagert aus dem Burda-Betrieb - das Beteiligungsunternehmen Acton Cap. Burda Digital wiederum erkaufte sich kürzlich die Sperrminorität beim Netzwerk Xing. Insgesamt trugen Kallens Digitalgeschäfte im Jahr 2008 rund 340 Millionen Euro zum Gesamtumsatz bei.

Der promovierte Volkswirt Kallen habe es "mit einer geschickten Anlagestrategie verstanden, das geschäftliche aber auch persönliche Vermögen seines Verlegers stetig zu mehren", lobt das Fachmagazin Werben & Verkaufen. Tatsächlich ist der künftige Vorstandschef gut vernetzt und informiert. Viele Entwicklungen hat er antizipiert. Dabei hilft ihm ein Netzwerk, das er schon in acht Jahren Beraterarbeit bei McKinsey knüpfen konnte.

Zu Burda stieß er 1996; seit zehn Jahren sitzt er bereits im Vorstand. Der Verlagsmanager ist alles andere als eine "Rampensau" des Gewerbes. Das Scheinwerferlicht überlässt er gerne anderen, beispielsweise seinem Arbeitgeber Burda. Dem dürfte diese Art von Arbeitsteilung gar nicht so unlieb sein, wie die jährlich zelebrierte Verleihung der Bambi-Preise zeigt.

Als persönlich haftender Gesellschafter bleibt Hubert Burda noch eine Weile im Blickpunkt. Er werde seine Richtlinienkompetenz aktiv wahrnehmen, heißt es. Seine beiden Kinder sind noch nicht soweit, im Verlag Verantwortung zu leben.

So ist es nur eine kleine Zäsur, nach 23 Jahren - seit der sogenannten Realteilung 1987. Nach dem Tod des Vaters Franz Burda ("Senator") überließen ihm seine beiden Brüder die in Offenburg und München angesiedelten Verlagsgeschäfte, offenbar mit dem Hintergedanken, der Jüngste im Kreis werde scheitern. Er scheiterte nicht, was auch an seinem langjährigen Majordomus Jürgen Todenhöfer, 69, lag.

Im Herbst 2008 schied der Bestsellerautor aus und konzedierte, "bei dem hohen Durchschnittsalter unseres Vorstands musste dieser Wechsel einfach sein". Todenhöfer witzelte: "Als Ratzinger mit 78 Papst wurde, dachten einige, sie blieben jetzt ewig im Vorstand."

Nun ist Hubert Burda zwar weiter der "Papst vom Arabellapark" - aber das Durchschnittsalter ist rapide gesunken.

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