"Von der Weser bis zur Elbe, von dem Harz bis an das Meer, stehen Niedersachsens Söhne", heißt es im zurecht wenig bekannten "Niedersachsenlied" des noch unbekannteren Hermann Grote, und weil ihnen überm Stehen manchmal die Zeit lang wird, den Söhnen wie auch den Töchtern, kommen sie auf dumme Gedanken, die Söhne, wie gesagt, aber schon auch die Töchter.
Die im politischen Vorruhestand vor sich hin wirkende SPD-Abgeordnete Monika Griefahn hat den eminenten Liebeslyriker Dieter Bohlen ("You're my heart, you're my soul") fürs Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen. Bitte, warum nicht, oder pourquoi pas?, wie der Franzose so schön sagt, die Welt ist schon schlecht, warum soll sie nicht noch schlechter werden? Dieter Bohlen kann nicht singen und hat deshalb die Goldene Stimmgabel erhalten; Bohlen kann nicht schreiben, weshalb ihm eine anbiedernde Jury die Goldene Feder verlieh; Bohlen hat sich mit seinem sog. Schreiben und seinem sog. Singen zwar keine Verdienste um den Bund, aber im Lauf der Jahre einen recht hohen Verdienst für sich selber erworben, also gebührt diesem aufrechten Niedersachsen selbstverständlich auch noch dieses Kreuz.
Ein wenig müssen Frau Griefahn, Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien, dann aber doch Zweifel an ihrer kühnen Empfehlung beschlichen haben. Sie schob nämlich die rausgesucht "saudumme" (Karl Valentin) Begründung nach, Bohlen "setzt sich für den Nachwuchs ein, ist ein Vorbild für die Jugend und zahlt seine Steuern in Deutschland". Wahrscheinlich meinte sie Vorbilder und Steuerzahler und vorbildliche Steuerzahler wie die Bundesverdienstkreuzträger Franz Beckenbauer, Jürgen Schrempp und (hat er's nicht auch längst?) Boris Becker. Aber bitte, warum nicht, es ist ein freies Land.
Selbst das bundesverdiente Land der Niedersachsen. "Eine feste Burg und Wehr", seien sie, sang der Dichter Grote, und "fest wie unsre Eichen halten allezeit wir stand". Allein dem traditionsbewussten Niedersachsen Sigmar Gabriel widerstrebt die Ehrung für den Landsmann. Gabriel ist Experte, denn er ist ähnlich talentfrei wie sein Landsmann und übt zudem das überflüssige Amt des SPD-Pop-Beauftragten aus. Ach, Herz & Seele, Schwestern, Brüder, Niedersachsen, in eins nun die Hände!