Bühnen-Jubiläum:Warz-Mann

Seit 30 Jahren rockt Lemmy Kilmister die Bühnen dieser Welt. Und auch mit 59 will der legendäre Sänger des englischen Gitarrenmonsters Motörhead kein bisschen leise sein. Schönheits-OPs? Pah! Einen Jacky-Cola, please!

Für die einen ist er ein verwarztes Ungeheuer, für die anderen eine Ikone der Rockmusik. Dazwischen gibt es eigentlich nicht viel. Entweder die Leute mögen Lemmy Kilmister und seine Band Motörhead, oder nicht. In diesem Jahr feiert der gebürtige Engländer sein 30-jähriges Bühnenjubiläum. Im Dezember wird er 60 Jahre alt - und ist kein bisschen müde. "Ich bin mit dieser Kraft geboren. Ich wollte als Junge schon immer auf der Bühne stehen. Ich habe es geschafft und bin deswegen sehr glücklich", sagt Kilmister am Telefon.

Lemmy, AP

Wird im Dezember 60: Lemmy Kilmister, Rampensau.

(Foto: Foto: AP / Fotomontage sueddeutsche.de)

Infiziert mit 15 Jahren

Der mutmaßliche Erfinder von Spandexhose und Lederkutte sitzt in Los Angeles und rülpst zufrieden in den Hörer. Eine Mahlzeit und einige Getränke liegen hinter ihm, das mit dem Trinken ist besonders wichtig. Schließlich musste die Band im Juli ein paar Konzerte absagen, nachdem Kilmister - den alle Welt nur Lemmy nennt - dehydriert war.

Mit dem Alter habe das gar nichts zu tun, und an einen Abschied von der Bühne denke er ebenfalls nicht, wehrt er ab. "Nee, noch nicht. Ich werde im Dezember doch erst 60 alt. Irgendwann haben wir vielleicht die Schnauze voll, aber noch ist der Zeitpunkt nicht gekommen", röhrt der für seine Whisky-Cola-Exzesse bekannte Metal-Barde.

Über Mr. Kilmisters Jugend ist nicht viel bekannt, Lemmy selbst lässt nur so viel raus: Er sei 15 Jahre alt gewesen, als ihn der Rock'n'Roll-Virus befallen habe. "Leute wie Little Richard und Elvis haben mich inspiriert." Sein erstes Konzert sei eins mit Billy Fury (ein englischer Sänger, der um 1960 herum bekannt wurde) gewesen.

1975 ging Lemmy dann zunächst mit einer Band an den Start, die er Bastard getauft hatte. Vorher hatte er sich unter anderem bei Jimi Hendrix als Roadie verdingt und bei Hawkind vier Jahre lang den Bass gezupft. Bevor Bastard jedoch überhaupt eine Note veröffentlichen konnten, hatte die Band den vernünftigen Einfall, dass sich mit solch einem Namen kein Geld verdienen lässt.

"Ich jage den Frauen hinterher"

Aus Bastard wurden Motörhead, ein amerikanischer Slangausdruck für Raser, Geschwindigkeitssüchtige, und so hieß auch das erste Album der Band, das 1977 veröffentlicht wurde - zwei Jahre lang hatte sich keine Plattenfirma gefunden, die dem harten, schnellen und lauten Rock der Band eine Chance geben wollte.

Der Rest ist Legende und umfasst so illustre Albumtitel wie "Bomber" oder "Orgasmatron" und jede Menge Konzerte. Bei den vielen Songs hat der meist in Schwarz gekleidete Sänger Mühe, fünf eigene Favoriten zu benennen. "Ohh, ich weiß nicht, da muss ich echt mal überlegen", nimmt sich Lemmy eine ausgiebige Auszeit: "Also: 'Stay Clean', 'Sacrifice', 'Goin' to Brazil', 'One More Fuckin' Time' und - puuh, das ist schwer - 'Whorehouse Blues'".

"Whorehouse" meint ins Deutsche übersetzt ein Bordell, und Frauen waren dann auch immer ein zentrales Thema im Leben des Lemmy Kilmister. "Ich jage den Frauen hinterher. Und wenn ich eine habe, kommt sie in meine Sammlung", lacht er laut. Er freue sich schon auf die Deutschlandtournee, auf der ihn neben C.O.C. Die Band Slunt begleitet. "Das ist doch ein verflucht prima Name für eine Band, die aus zwei Männern und zwei Frauen besteht", lacht er wieder, diesmal eher anzüglich.

Bass-Unterricht für Sex Pistols-Legende Sid Vicious

Der Wahl-Kalifornier ist bekannt für seine Militaria-Sammlung, bei der er selbst vor Hakenkreuzen nicht Halt macht. Auf der Bühne tritt er gerne mal mit einem Eisernen Kreuz auf. Dass er ein Nazi-Sympathisant sei, weist der Sänger vehement zurück. Diese Behauptung sei ein genau so großer Blödsinn wie die im Internet verbreitete Geschichte, er sei bisexuell. "Ich habe dafür Sorge getragen, dass die Leute das nie wieder machen", knurrt er.

Zum Schluss überrascht Kilmister auf die Frage, wie er seine Position im Rockgeschäft einschätzt: "Also, ich hatte nie wirklich großen Erfolg. Wir sind sehr bekannt, weil wir viele Alben gemacht haben. Aber wir sind nicht reich." Den Einwand, er habe schließlich Sex Pistols-Bassist Sid Vicious Unterricht gegeben und möglicherweise gar die Punkmusik überhaupt erst möglich gemacht, lässt Lemmy nach längerem Zaudern gelten. "Was die musikalische Seite angeht, ist das natürlich Klasse. Viele Bands sagen, dass sie von uns beeinflusst worden sind. Manchmal kann ich das aber gar nicht so richtig glauben."

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