Es passiert nicht alle Tage, dass sich CSU-Bürgermeister mit Kabarettisten verbrüdern. In Ebersberg hält diese ungewöhnliche Koalition jetzt seit 25 Jahren. Alles begann damit, dass die Stadt das ehrwürdige Gebäude an der Ecke Eberhard-/Ulrichstraße, direkt neben dem Marktplatz und dem Rathaus, kaufte, um das einstige Wirtshaus und Kino nach einer Disco-Phase ("Show-Boot") vor der weiteren Verschluderung durch den Einzug eines Supermarkts bewahren und der kulturellen Nutzung zuzuführen. Dazu übergab CSU-Bürgermeister Hans Vollhardt das Haus einem Trägerverein. Die jungen Leute hatten erst kurz zuvor Abitur und danach Kabarett gemacht - was viele Honoratioren und Kulturschaffenden am Ort - vorsichtig ausgedrückt - nicht so gut fanden.
Wer sich in der Kleinkunstszene auskannte, wusste freilich, dass diese jungen Leute, die das Haus als "Altes Kino" am 2. Oktober 1992 - passenderweise mit einer Vorführung von Giuseppe Tornatores Films "Cinema Paradiso", der erste auftretenden Künstler war Dieter Hildebrandt - eröffneten, etwas reißen: Als Gruppo di Valtorta hatten der kreative Kopf Alex Liegl sowie Markus Bachmeier, Martin Pölcher und Malen Reichert als harter Darsteller-Kern mit völlig neuartigem, fast dadaistischem Theaterkabarett Aufsehen erregt und auch bereits das Passauer Scharfrichterbeil gewonnen (die wichtigsten anderen Preise sollten in den Jahren darauf folgen).
Nach einigen Anlaufschwierigkeiten etablierte sich das Alte Kino nicht nur, es wurde zu einer der wichtigsten Kleinkunstbühnen Deutschlands. Aus den zunächst angedachten zwei Veranstaltungen pro Monat wurden bald vier in der Woche, mit einem breit gefächerten Programm. Bruno Jonas war einer der ersten, der das Haus zum Ausprobieren, also für Vorpremieren seiner neuen Programme nutzte, viele andere folgten. Schon lange hat das Alte Kino sein Gründerensemble überlebt, die Gruppo di Valtorta gibt es seit 2001 nicht mehr, nachdem es Pölcher in den Arztberuf und Reichert als Klassik-Redakteurin zum BR gezogen hat. Dem Trägerverein sind freilich alle erhalten geblieben, und für Bachmeier ist das Alte Kino seit 1998, als er Geschäftsführer wurde, der Hauptberuf. Inzwischen hat er auch noch eine Künstleragentur, die Kabarettisten wie Helmut Schleich oder Han's Klaffl und Musiker wie Nick Woodland oder Gankino Circus betreut. Mit dem "Alten Speicher" im Klosterbauhof kam vor drei Jahren ein fantastischer zweiter, nicht zuletzt für Konzerte (wie demnächst beim zweiten EBE-Jazzfestival) idealer Spielort dazu.
Die 25-jährige Erfolgsgeschichte wird natürlich jetzt gefeiert: Mit einem besonders hochkarätigen Herbstprogramm, in dem sich zum Beispiel Konstantin Wecker, Ute Lemper, Josef Hader oder Hagen Rether die Ehre geben. Wie bei früheren Jubiläen gibt es auch wieder eine Eigenproduktion von Alex Liegl: Bei "Die Hochzeit" führt er selbst als Hochzeitslader durch eine gewohnt aberwitzige Handlung, in der das gesamte "Alte-Kino"-Team mitspielt. Und am Jahrestag, dem 2. Oktober, erwartet einen ein Jubiläumsabend mit der Grafinger Band Jazz in The Box, einer Sand-Kunstwerk-Performance der Storyboard-Zeichnerin und Showkünstlerin Frauke Menger sowie heiteren und seriösen Reden. Ein Hoch wird dabei auch Vollhardts Nachfolger im Bürgermeisteramt Walter Brilmayer ausbringen. Der CSU-Mann machte schon 2002 zum Zehnjährigen ein Sträßchen hinterm Rathaus zur "Valtortagasse".
25 Jahre Altes Kino, Mo., 2. Okt.; "Die Hochzeit", Do., 5. Okt., bis Do., 12. Okt., 20.30 Uhr, Altes Kino Ebersberg, Eberhardstraße 3