"Buck - Der wahre Pferdeflüsterer" im Kino:Leittier werden ohne Gewalt

Er ist der echte "Pferdeflüsterer", der Robert Redford zu seinem gleichnamigen Erfolgsfilm inspirierte. Nun hat auch Cindy Meehl Dan "Buck" Brannaman ein Denkmal gesetzt - dieses Mal in einer Doku. Denn wie man sich durchsetzt, auch ohne Sporen und Peitsche, ist heutzutage ein gefragte Kunst.

Martina Knoben

Der Vergleich von Pferden und Kindern fällt gleich zu Beginn, damit ist schnell klar, dass dieser Dokumentarfilm über den "Pferdeflüsterer" Dan "Buck" Brannaman mehr sein will als ein Fest für die Freunde des Reitsports.

"Buck - Der wahre Pferdeflüsterer" im Kino: Dan Brannaman in "Buck - Der wahre Pferdeflüsterer" mit seinen Pferden. Sie folgen ihm am losen Zügel wie ein Hund.

Dan Brannaman in "Buck - Der wahre Pferdeflüsterer" mit seinen Pferden. Sie folgen ihm am losen Zügel wie ein Hund.

(Foto: NFP)

Man könne nicht immer der beste Freund seines Kindes (oder Pferdes) sein, erklärt Brannaman, zuerst sei man Mutter oder Vater - das heißt Leittier und Führungskraft.

Wie man sich durchsetzt, auch ohne Sporen und Peitsche, ist heutzutage ein großes Thema, nicht nur für Eltern. Längst gibt es entsprechende Seminare auch für Manager, die bei der Arbeit mit Pferden Autorität und Empathie gleichermaßen trainieren.

Im Fall von Brannaman muss man den Begriff der Führungskraft wörtlich nehmen, am losen Zügel folgen ihm die Tiere wie ein Hund. Brannaman war das Vorbild für Nicholas Evans' Roman "Der Pferdeflüsterer", und er war auch bei der Verfilmung dabei, als Coach und Double von Robert Redford.

Mit Pferden kann er so gut, dass sich auch die bockigsten, verängstigsten Tiere in kurzer Zeit von ihm zähmen lassen. Was in gewisser Weise auch für deren Reiter gilt: "Ich helfe nicht Menschen, die Probleme mit Pferden haben, sondern Pferden, die Probleme mit Menschen haben", sagt Brannaman im Intro des Films.

Nicht nur Cowbow, auch Showman

In sogenannten clinics, viertägigen Workshops, können Reiter von ihm lernen, wie sie das Vertrauen ihrer Pferde gewinnen und Leittier werden ohne Gewalt. Dass eine solche Erfahrung auch außerhalb der Koppel nützlich ist, liegt auf der Hand.

Cindy Meehl besitzt selbst Pferde; die Regisseurin lernte Brannaman bei einer seiner clinics kennen. Ihr Film strahlt viel Bewunderung für den Pferdezauberer aus. Etwas mehr Distanz hätte "Buck" allerdings gutgetan, nicht nur, weil Hagiografisches im Dokumentarfilm fast immer unangenehm ist, auch konzentriert sich die Kamera so sehr auf Brannaman, dass sie die Pferde nicht immer aufmerksam im Blick behalten kann. Vom konkreten Handwerk des Pferdezähmens und der Körpersprache der Tiere hätte man gern mehr gesehen.

Aber es ist eben auch typisch für Brannaman, dass man sich seiner Präsenz, seinem Charisma kaum entziehen kann. Der Pferdeflüsterer ist nicht nur Cowboy, sondern auch Showman - das gehört zu seinem Erfolgsrezept.

Wie ein Rockstar

Mit Wohnmobil und Pferdeanhänger zieht er neun Monate im Jahr übers Land, wie ein Rockstar. Und wie andere Stars - man denkt etwa an Michael Jackson - hatte auch Brannaman eine schwierige Kindheit. Mit seinem Bruder Smokie trat er schon früh als Lassokünstler in Westernshows und Werbespots auf, zu Höchstleistungen geprügelt von einem alkoholkranken, sadistischen Vater.

Fast wie ein Wunder klingt es, wie der junge Buck diesem Vater weggenommen wurde und zu liebevollen Pflegeeltern kam - und wie aus dem Jungen ein zumindest äußerlich ruhiger Mann und Vater geworden ist. Brannaman hat eine sehr amerikanische Lehre daraus destilliert: Dass jeder eine Wahl habe.

So ist Buck ein durch und durch amerikanischer Held - als Cowboy, Fernfahrer, Showman und spiritueller Führer vereint er gleich mehrere uramerikanische Mythen in sich.

Der Raum, der sich dadurch auftut, macht diesen Dokumentarfilm, der unter anderem beim Sundance Festival mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde, erst so richtig interessant.

Obwohl Cindy Meehl ihren Erstling digital gedreht hat und die Technik für große Westernbilder nicht ganz reicht, wird das Genre ausgiebig zitiert: Viel Lederzeug ist zu sehen, wechselnde weite amerikanische Landschaften und immer wieder die Arbeit mit Pferden und Rindern, die eben nicht als Sport betrieben wird, sondern als Handwerk.

Grenzen der "horsemanship"

Damit schreibt "Buck" das Westerngenre, das ja von der gewaltsamen Eroberung eines Landes erzählt, um: Brannaman lehrt, dass Frieden mit der Natur möglich sei und der Mensch dafür nicht einmal die Herrschaft über sie aufgeben müsse.

Dass trotzdem nicht alles Friede, Freude und Kaffee am Lagerfeuer ist, zeigt die eindrucksvollste Sequenz des Films, die die Grenzen von Brannamans natural horsemanship aufzeigt. Ein Hengst wird ihm vorgeführt, der bösartig, gefährlich und unberechenbar ist. Auch das Training mit ihm hilft nicht weiter. Daran sei aber nicht das Tier schuld, sagt Brannaman, sondern seine Besitzerin, die ihre Fehler auch einräumt, weinend vor ihm steht. Eingeschläfert aber wird dennoch das Pferd.

BUCK - DER WAHRE PFERDEFLÜSTERER, USA 2011 - Regie: Cindy Meehl. Kamera: Guy Mossman. Schnitt: Toby Shimin. NFP, 88 Minuten.

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