Buchmesse London:Hey, Shakespeare

Politik und die Zukunft des Buches sind die großen Themen der 45. London Book Fair. Im Übrigen gruppiert die Messe ihr Programm rund um den 400. Todestag von William Shakespeare - unter anderem mit einem digitalen Shakespeare.

Von Alexander Menden

Vor dem Messegebäude der 45. London Book Fair (LBF) konnten die Besucher ein Selfie mit einem Dinosaurier machen: Der Verlag Bonnier hatte als Werbegag eine schwarze, tyrannosaurusartige Fiberglasfigur vor die viktorianische Halle in Olympia gestellt, auf der ein Mann im langen Wachsmantel so tat, als reite er ein lebendes Fossil. Als vom Aussterben bedroht wird ja auch das gedruckte Buch gehandelt. Aber das gab die Statistik, die Jacks Thomas, Direktorin der LBF, am Eröffnungstag verkündete, ganz und gar nicht her. Zwar werden mittlerweile in Westeuropa und den USA bis zu einem Viertel der verkauften Bücher auf E-Readern gelesen, aber das Papier ist und bleibt Marktführer.

Dennoch hat die Messe schon früh auf digitale Medien gesetzt. Wo sonst könnte man einen Vortrag über "Fünf digitale Business-Modelle für den Einsatz künstlicher Intelligenz beim Erzählen von Geschichten" hören? Dass Wertschöpfung bei dieser traditionell auf den Lizenz- und Business-Aspekt des Buchhandels ausgerichteten Messe alle traditionsverbundenen Erwägungen hinan stehen lässt, macht ihren anhaltenden Erfolg aus. Das schätzen auch die Fokusländer, die immer wieder prominent vertreten sind, darunter auch diesmal China mit zwei großen Ständen.

Die willfährige Haltung der LBF gegenüber der Autorenauswahl staatlicher Großinvestoren mit nicht immer lupenreiner Menschenrechtsbilanz, die im Laufe der Jahre wiederholt zu Protesten führte, stieß diesmal auf überraschend konkrete Kritik: Arnaud Nourry, Chef des Verlagshauses Hachette, griff beim Verlegerkongress, der vor der LBF stattfindet, die Entscheidung der Internationalen Verleger-Union an, China als Mitglied aufzunehmen. Er hoffe, so Nourry, "dass wir uns mit dieser Entscheidung in den kommenden Monaten und Jahren wohlfühlen werden".

Mit welchem Geschick die LBF in ihrem Programm mit mehr als 1500 Ausstellern aus rund 60 Ländern dennoch gerade den Chinesen zu schmeicheln weiß, ist nicht zuletzt am Programm ablesbar, das um den 400. Todestag William Shakespeares gebaut wurde. In einer etwas großzügig "Globe" genannten Leseecke gab es einen Vortrag zum Thema "Cervantes, Shakespeare, Tang Xianzu - auf den Schultern von Riesen". Und wie zu erwarten, wurde mit dem Shakespeare-Pfund gewuchert: Im Autorenprogramm waren Jeanette Winterson, Howard Jacobson und Tracy Chevalier vertreten, die für die Hogarth Press Shakespeares Wintermärchen, den Kaufmann von Venedig und Othello in Romanform nacherzählt haben. Und neben dem Globe konnte man sich mit einem virtuellen Shakespeare unterhalten, den im Nebenraum ein Schauspieler per Motion-Capture-Software zum Leben erweckte. Die LBF hat eben keine Berührungsängste, wenn es um Digitales geht.

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