Boygroup revisited:"Wir brauchen Robbie Williams nicht"

Während der Superstar durch Deutschland tourt, feiert die Band "Take That" ohne ihn ein Comeback - Howard Donald über Ruhm und Leere

Claudia Fromme

Als sich Take That im Februar 1996 auflöste, mussten Sorgentelefone für hysterische Fans eingerichtet werden. Während die Mädchentränen langsam trockneten, gingen Robbie Williams, Gary Barlow, Mark Owen, Jason Orange und Howard Donald eigene Wege. Nun steht Take That wieder auf der Bühne. Einer fehlt: Robbie. Der startet an diesem Montag seine Deutschlandtournee in Dresden und hat keine Zeit für das Projekt seiner Jugend. Anders als Howard Donald, 38, der Autolackierer und Breakdancer war, bevor er 1990 bei Take That anheuerte. Er hat heute zwei Töchter, Grace, 7, und Lola, 1, und lebt zuweilen in Münster.

take that, ap

Wiedersehn mit Jugendträumen: "Take That"-Mitglieder Jason Orange, Gary Barlow, Mark Owen and Howard Donald (von links).

(Foto: Foto: AP)

SZ: Mr. Donald, als das Comeback von "Take That" bekannt wurde, meldeten Medien europaweit: Die Band von Robbie Williams kommt zurück. Ist es nicht deprimierend, nur als biographische Fußnote eines Superstars gesehen zu werden?

Donald: Das ist doch Unsinn. Robbie war einer von fünf Musikern bei Take That. Es hing nicht alles von ihm ab, wir haben 1995 ja auch eine Tour ohne ihn ge-macht. Unsere gerade beendete England-tour mit 29 Gigs war ausverkauft, die Karten für die ersten neun Stadien waren nach nur 30 Minuten weg. Ehrlich gesagt: Wir brauchen Robbie Williams nicht.

SZ: Na ja. Bei der Tour gab es ein fünftes Mikro auf der Bühne und ständig stand im Raum, dass er kommt. Robbie kam zu keiner Show. Stattdessen wurde sein Hologramm auf die Bühne projiziert.

Donald: Wir haben alle gehofft, dass er doch noch kommt. Aber er tourt seit Mo-naten, da bleibt keine Zeit für Take That. Wir haben Kontakt zu Robbie, so ist es ja nicht. Wir haben uns im Mai in London getroffen, haben über alte Zeiten geredet und über das Comeback, das er absolut in Ordnung findet. Nett war das.

SZ: Gary Barlow sagte einmal, er habe früher nächtelang wach gelegen und sich Robbies Karriere gewünscht. Sind Sie neidisch auf Robbie Williams?

Donald: Nein, überhaupt nicht. Er ist einer der größten Popstars der Welt - aber er ist sehr einsam. Solokünstler zu sein ist ein ziemlich einsamer Job.

SZ: Take That ist immer noch die erfolgreichste britische Boyband. Das hätte man doch einfach auf sich beruhen lassen können.

Donald: Nachdem der britische Sender ITV vor einiger Zeit eine Dokumentation über Take That gebracht hat, wurden wir ständig gefragt, ob wir nicht touren wollen. Wir haben gesagt: Keine Lust. Dann saßen Gary, Mark und ich in einer Bar in London und nach ein paar Drinks haben wir gesagt: Lasst uns auf Tour gehen.

SZ: Angeblich sollen Sie fünf Millionen Pfund für die Tour bekommen haben und noch mal fünf für ein neues Album.

Donald: Natürlich hat das Comeback auch etwas mit Geld zu tun, alles andere wäre eine Lüge. Aber wenn wir keinen Spaß daran hätten, gäbe es kein Comeback. Natürlich ist der Druck groß, so etwas kann ja auch in die Hose gehen. Die große Klippe ist das neue Album, das im Herbst herauskommen soll. Nächstes Jahr gehen wir dann auf Europatournee.

SZ: Wie soll das erste Take That-Album ohne Robbie Williams aussehen?

Donald: Wir experimentieren noch. Wir dürfen nicht zu sehr von dem abweichen, was wir früher gemacht haben, von einfachen Popsongs. Aber es wird ein wenig ruhiger. Wir sind da ein bisschen zu verrückt herumgesprungen damals, da ist viel Energie sinnlos verpufft. Nun ist die Boyband eine Manband.

"Wir brauchen Robbie Williams nicht"

SZ: Also keine Kostüme mehr, bei denen das Hinterteil großzügig ausgespart wird? Sie trugen damals ja so etwas.

Donald: Nein, die Zeiten sind vorbei. Gary hat zwei Kinder, Marks Freundin bekommt ein Kind im August und ich habe auch schon zwei. Man wird ruhiger.

SZ: Mit Ihrer Tochter Lola und deren Mutter leben Sie seit 2004 in Münster. Das ist nach Portsmouth ihr zweiter Wohnsitz. Klingt nicht nach Rock 'n' Roll.

Donald: Ich will keinen Rock 'n' Roll, ich hatte genug davon, und ich komme durch die Musik genug rum. Alle fragen: Warum ziehst du nicht nach Berlin? Wenn du entspannen willst, ist Münster viel schöner. Ich jogge gerne über die Promenade und mache Radtouren in der Umgebung. Wenn ich mal alt bin, eröffne ich in Münster ein Fahrradgeschäft.

SZ: Die Idee hatten schon einige ...

Donald: Stimmt, es gibt schon ein paar Läden. Überhaupt gibt es in Münster so viele Räder, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass du vom Rad überfahren wirst als vom Auto. Verrückte Stadt.

SZ: Was macht Ihr Deutsch?

Donald: Na ja. Wenn ich Zeit hätte, würde ich einen Kurs machen, aber ich bin ja auch House-DJ und viel unterwegs

SZ: Ruinieren Sie sich nicht Ihren Ruf mit dem Comeback als Schnulzensänger?

Donald: Ich habe bereits 1987 als DJ angefangen, vor Take That. Es gab bei mir immer die zwei Seiten: Pop und House. Nach dem Ende von Take That musste ich aber erst wieder auf die Füße kommen.

SZ: Sie plagten sich mit Selbstmordgedanken, berichteten Sie in der ITV-Doku.

Donald: Wir waren auf null gesetzt, damit muss man erst mal klarkommen. Ich habe ein Soloalbum gemacht, aber die Plattenfirma hat eher auf Gary und Mark gesetzt als auf mich. Nun bin ich froh darüber. Dass ich bei Take That war, hat mir den Einstieg als DJ erleichtert.

SZ: Der Preis ist, dass bei DJ-Gigs in London, Zürich oder Bad Hersfeld Mädchen um Autogramme betteln.

Donald: Solange sie meiner Musik dort zuhören, ist das ja nicht schlecht. Wenn sie irgendwann nur wegen der Musik und nicht wegen Take That kommen - wunderbar. Wäre ich ein schlechter DJ, würden mich die Clubs sicher nicht buchen.

SZ: Hand aufs Herz: Pop oder House?

Donald: House! Take That ist nicht die Musik, von der ich mir ein Album kaufen würde. Aber ich mag das Gesamtpaket: die Performance, die Shows, die Freundschaften - und am Ende auch die Musik.

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