Biologie:Napoleons Wappentier

Piotr Socha weiß wirklich alles über Bienen, über Imker und Honigdiebe, Bienenstiche und Zeidlerei. Er verbindet amüsant Biologie und Kulturgeschichte.

Von Ulrike Schultheis

Noch ein Titel über Bienen? Gibt es da nicht schon genug? Und dann schlägt man das großformatige, prachtvoll gestaltete Buch auf und wird sofort neugierig.

Zuallererst faszinieren die riesigen, plakativen Bilder, die bei aller Detailtreue und biologischem Fachwissen mit viel Witz, Charme und Empathie schwierige Sachverhalte illustrieren. Diese werden zusätzlich in ausführlichen Bildunterschriften erklärt. Sofort liest man sich fest und kann gar nicht aufhören, der fesselnden Darstellung ungewöhnlichster Themenbereiche zu folgen.

Das Sachbuch ist in 36 doppelseitige Bildtafeln unterteilt, die in ihrer Vielfalt immer wieder überraschen. Es beginnt mit "Bienen und Saurier". Dinos? Ja, ungefähr so alt sind auch die Honigsammler, das weiß man aus Einschlüssen in Bernstein. Über die üblichen Informationen zu Körperbau, Bienenwesen und ihren Aufgaben, zu Schwärmen, Königin und Pflanzenbestäubung gelangt man zu spannenden Kapiteln über Bionik oder kulturhistorischen Ausflügen über die Begegnungen zwischen Bienen und Menschen. Wie war das in der Steinzeit, bei den Ägyptern, den Griechen, den Naturvölkern oder gar bei Napoleon, der dieses Insekt sogar als Wappentier erwählt hatte?

Spannend sind auch die Tafeln über die Imkerei. Man erfährt, dass Imker nicht nur "Honigdiebe" sind, sondern auch für die Pflege und Gesundheit ihrer Bienenvölker sorgen. Viele Bienen sind nämlich durch die Pestizide der Landwirtschaft, durch Krankheiten und durch Milbenbefall bedroht. Schon in früherer Zeit haben Menschen eine Art Waldbienenzucht betrieben, die Zeidlerei. Die Bilder dazu sind sehr originell, schelmisch und emotional, besonders als den Zeidlern ein fetter Bär und Honigklauer in die Falle geht.

Für Kinder und JugendsachbuchET 19. August 2016

Von der Honigwabe zum Himbeerhonig. Die Imkerin beobachtet das Schleudern der Waben, fängt den Honig auf und füllt ihn ab in Gläser. Illustrationen aus Piotr Socha: Bienen.

Es gibt große Tafeln mit Obst und Gemüse, deren Gedeihen von der Arbeit der Bienen abhängig ist. Weil mancherorts die Population drastisch zurückgeht, müssen die Menschen dort mühsam von Hand mit einem Pinsel Blüte für Blüte selbstbestäuben - sonst trägt der Baum keine Früchte mehr! Deshalb gibt es auch zwei Kapitel über Bienenfeinde und Bienensterben. Natürlich dürfen auch Tafeln über Honigprodukte und ihre Herstellung oder die Behandlung von Bienenstichen nicht fehlen. Zwischen diesen Großtafeln sind immer Nachrichten aus dem Bienenblättchen - einer Art Newsletter - eingestreut, die manche wichtigen Bereiche mit journalistischen Mitteln noch einmal vertiefen oder ergänzen. Fazit: Dieses hinreißende Sachbuch aus Polen bringt jeden zum Staunen. (Für die ganze Familie)

Piotr Socha: Bienen. Redaktionelle Mitarbeit und fachliche Beratung Wojciech Grajkowski. Aus dem Polnischen von Thomas Weiler. Gerstenberg 2016. 80 Seiten, 24,95 Euro.

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