Biografie:Ein Jahrhundertleben

Emmanuelle Loyer hat die lange überfällige Biografie des großen Ethnologen und Strukturalisten Claude Lévi-Strauss geschrieben. Der Franzose hatte eine ganze Kette von Wissenschaftsrichtungen inspiriert und geprägt.

Von Michael Oppitz

Er hat nicht nur eine ganze Kette von Wissenschaftsrichtungen in entscheidendem Maße inspiriert und mitgeprägt, auch seine reale Lebenszeit umspannte selbst ein ganzes Jahrhundert. Wie kann man einem solchen Menschen durch eine Biografie gerecht werden? Gewiss, an begleitenden Darstellungen und Auseinandersetzungen, Büchern und Abhandlungen zu Lévi-Strauss hat es seit den frühen Sechzigerjahren bis heute niemals gemangelt - unter den Größen seines Faches ist keinem Einzigen eine derartig beredsame Aufmerksamkeit zuteil geworden: Franz Boas nicht, Malinowski nicht, Evans-Pritchard nicht und Margaret Mead nicht; aber eine Publikation, welche das Werk, seine Entwicklung und Wirkung mit der Person, die es schuf - ihrem persönlichen Werdegang und intellektuellen Umfeld - zu einem einheitlichen Bild zusammenfügt, ist bislang ausgeblieben. Selbst das 2013 veröffentlichte, gewichtige Werk aus der Feder von Maurice Godelier leistet dies nicht, da es sich ausschließlich auf eine Neu-Auslegung der verwandtschaftsbezogenen und mythologischen Arbeiten seines ehemaligen Chefs konzentriert. Der fehlende, große Wurf ist Emmanuelle Loyer, einer Historikerin für politische, künstlerische und intellektuelle Strömungen im Frankreich des 20. Jahrhunderts, mit ihrem 1000-seitigen Opus zu Lévi-Strauss nun gelungen.

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