Bildband zu Pussy Riot:Unverstellt und angezogen

Lesezeit: 1 min

Bert Verwelius hätte Pussy Riot gern zwischen Luxus, Knast und Nude Art hintergründig inszeniert. Aber die russischen Aktivistinnen lehnten alles ab, bis auf die Gefängnismotive.

Von Tim Neshitov

Da die Mitglieder von Pussy Riot bereits weltweit berühmt sind, sollte man hier zuerst den Fotografen Bert Verwelius vorstellen, der nun mit einem Bildband über diese Frauen debütiert. Das Buch ist in einem international nicht unwichtigen Verlag erschienen ( Pussy Riot Unmasked, Verlag teNeues, Kempen 2014. 80 Seiten, 39,90 Euro). Verwelius ist Holländer, 1953 geboren, eigentlich Bauunternehmer. Er hegt die Ambition, "zu einem der besten Art-Fotografen der Welt zu werden".

Woher kommt eine solche Ambition? Der Fotograf erklärt es am Ende seines Bildbandes. Ihn treibe die Herausforderung an, "alles, was ich tue, cum laude abzuschließen". Er tut viel. Tiefseefischen, Pferdezucht, Springreiten. Mit seiner Segelyacht sei er um die Welt gereist. "Um seine Flugangst zu bekämpfen, kaufte er sich einen Jet und machte den Pilotenschein", schreibt er bescheiden in der dritten Person. "Seit sechs Jahren fliegt er seine Falcon 7X selbst." Nun zur Kunst. Verwelius fotografiert gerne Mädchen und Frauen ("Aus Liebe zu ihrer Schönheit und Stärke"). Er spezialisiert sich auf Aktfotografie, besitzt ein Studio bei Amsterdam. "Seine eigene Modelagentur in der Ukraine ist ihm mit geeigneten Protagonistinnen dienlich."

Für das Shooting mit den Pussy-Riot-Stars Nadeschda Tolokonnikowa und Marija Aljochina habe er ursprünglich "eine sehr künstlerisch-hintergründige Inszenierung, zwischen luxuriösem Ambiente, Gefängnismotiven und Nude Art" geplant. Die Frauen lehnten alles bis auf die Gefängnismotive ab. Sie flogen nach Holland, zogen sich Lagerkleidung an und stellten in einem verfallenden Gebäude Szenen aus dem russischen Knastalltag nach: Rauchen am Klo, Nähen, Erdeschaufeln vor einem Zaun mit Stacheldraht.

Pussy-Riot-Mitglieder freigelassen
:Ikonen des Widerstandes gegen Putin

Die feministische Punk-Band Pussy Riot wurde zum Symbol des Widerstands gegen Russlands Präsident Putin. Die beiden Musikerinnen wollen nach ihrer Freilassung in die Politik. Ein Rückblick auf Pussy Riots "Punk-Andacht" und kämpferische Auftritte vor Gericht.

In Bildern.

Die meisten Bilder sind künstlich komponiert, abenteuerlich belichtet und zum Teil geschmacklos. Das Klettern auf den "Gefängniszaun" etwa, mit zerstreutem Grinsen. Die Großaufnahmen der Gesichter, die Porträts, sind besser. Die Kamera lässt die Augen sprechen, ohne zu inszenieren. Vielleicht könnte Verwelius bei seiner nächsten Erdumsegelung das Meer fotografieren, einfach draufhalten.

© SZ vom 26.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: