Bildband über Stasi-Agenten:Ritterschlag zum Großabhörer

Sonnenbrillen, Perücken, aufgeklebte Schnauzbärte: Mit diesen Hilfsmitteln versuchten Stasi-Agenten einst, mit Besuchern aus dem Westen in Kontakt zu kommen. Ein Bildband aus Archivfunden zeigt, was die Stasi für gute Agenten-Tarnung hielt.

Von Burkhard Müller

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Simon Menner und BStU 2013 Verlag Hatje Cantz Top Secret

Quelle: Simon Menner und BStU 2013

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Sonnenbrillen, Perücken, aufgeklebte Schnauzbärte: Mit diesen Hilfsmitteln versuchten Stasi-Agenten einst, mit Besuchern aus dem Westen in Kontakt zu kommen. Ein Bildband aus Archivfunden zeigt, was die Stasi für gute Agenten-Tarnung hielt. Von Burkhard Müller

Ist das Loriot, Abteilung Ost? Jeans, ein Paar weiße Turnschuhe und, am wichtigsten, eine mit Firmenlogo bedruckte Plastiktüte - fertig ist der Westtourist. Dies wenigstens schien das Ministerium für Staatssicherheit zu glauben, wenn es seine Leute auf Verkleidungs-Seminare schickte, denn der tüchtige Agent lernt nie aus.

Im Bild: Aus einem Verkleidungsseminar

Simon Menner und BStU 2013 Verlag Hatje Cantz Top Secret

Quelle: Simon Menner und BStU 2013

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So hoffte man mit den echten Besuchern aus dem Westen in Kontakt zu kommen und die Ahnungslosen zur Preisgabe wertvoller Information zu verlocken. Sonnenbrillen, Perücken, aufgeklebte Schnauzbärte: Alles wurde sorgsam in Fotoserien aufgezeichnet, die jetzt einen erstaunlichen Bildband füllen.

Im Bild: Übung zum Ankleben falscher Bärte

Simon Menner und BStU 2013 Verlag Hatje Cantz Top Secret

Quelle: Simon Menner und BStU 2013

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Genutzt haben dürfte es wenig, denn das Physiognomische schlägt einfach durch. Bei den wenigen Frauen, die vorkommen, sieht das schon anders aus, bei ihnen reichen die Klamotten bis an die Seele. Auch existierten Lehrgänge für Beschattung, für Verhaftungen, für geheime Zeichen, die man einander auf der Straße gab - alles archiviert für eine Nachwelt, die es mit anderen Augen sieht, als die Archivare vorausgesetzt hatten.

Im Bild: Aus einem Seminar für das Übermitteln geheimer Signale

Simon Menner und BStU 2013 Verlag Hatje Cantz Top Secret

Quelle: Simon Menner und BStU 2013

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Systemfeindliche Witze wurden als Akte angelegt. Ein kecker, nicht mehr ganz junger Mitarbeiter, dem man lieber nicht in einer Lage begegnen möchte, in der er Macht besitzt und man selbst keine, kniet nieder, um den Ritterschlag vom Großen Abhörorden entgegenzunehmen; um seinen Hals baumelt ein rotes Telefon an goldener Amtskette. Man fragt sich bestürzt, ob die das ernst gemeint haben. Und landet bei der beunruhigenden Vermutung: Nein, schlimmer, so sah es aus, wenn sie lustig waren.

Im Bild: Ritterschlag der Abhörabteilung

Simon Menner und BStU 2013 Verlag Hatje Cantz Top Secret

Quelle: Simon Menner und BStU 2013

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Einen besonders schmerzlichen Dorn im Fleisch des Arbeiter-und-Bauern-Staats stellten die sogenannten Militärverbindungsmissionen dar, kleine Abteilungen der amerikanischen und britischen Armee, die sich frei auf ostdeutschem Boden bewegen durften und diese Freiheit, wie sich von selbst versteht, zur Spionage nutzten.

Im Bild: Nahkampftechniken

Simon Menner und BStU 2013 Verlag Hatje Cantz Top Secret

Quelle: Simon Menner und BStU 2013

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Ein Leichtes war es, sie mit der Kamera bei ihren Spähaktionen im Blick zu behalten. Die DDR-Truppen, die das erledigten, sind ihrerseits, ohne dass sie es merkten, dokumentiert: Bilder der Meta-Meta-Überwachung. In letzter Konsequenz knipsen sich die Agenten selber im Spiegel; sogar diese Fotos haben sich in den Akten erhalten.

Im Bild: Spione fotografieren Spione

Simon Menner und BStU 2013 Verlag Hatje Cantz Top Secret

Quelle: Simon Menner und BStU 2013

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Auch wenn die Stasi heimlich Wohnungen durchsuchte, registrierte sie den Zustand vorher mit Polaroids, damit nachher alles bis hin zum zerknautschten Kopfkissen wieder millimetergenau in die alte Position gebracht werden konnte. Westpakete wurden grundsätzlich geöffnet und abgelichtet, bis zur letzten Tafel Milka-Schokolade. Welch eine Verschwendung von menschlicher Arbeitskraft.

Im Bild: Aus einem Handbuch für Verkleidungsvarianten

Simon Menner und BStU 2013 Verlag Hatje Cantz Top Secret

Quelle: Simon Menner und BStU 2013

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Und wie schäbig ist das alles. Schäbig sind noch die Topfpflanzen und lappigen beigefarbenen Vorhänge, in deren Schatten selbst die hochdekorierten Chargen tagten. Aber harmlos war es nicht. Es haben sich Leute deswegen umgebracht.

Im Bild: Geburtstagsfeier für einen leitenden Agenten

Simon Menner und BStU 2013 Verlag Hatje Cantz Top Secret

Quelle: Verlag Hatje Cantz

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Simon Menner: Top Secret. Bilder aus den Archiven der Staatssicherheit / Images from the Stasi Archives. Verlag Hatje Cantz, Ostfildern 2013. 128 Seiten, 16,80 Euro.

© SZ vom 21.01.2014/cag
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