Berliner Spurensuche:Am Eckfenster

Michael Bienerts Streifzüge durch E.T.A.Hoffmanns Berlin entdecken die preußische Romantik.

Von Jens Bisky

Kurz bevor der Kammergerichtsrat E.T.A. Hoffmann starb - er wurde 46 Jahre alt - erschien in der Zeitschrift Der Zuschauer die Erzählung "Des Vetters Eckfenster", die von nahezu nichts handelt als von Stadtleben, Markttreiben und den Freuden der Fantasie: Der Erzähler besucht seinen Vetter, einen kranken Schriftsteller, der mit ihm die "Kunst zu schauen" übt, indem sie gemeinsam auf den Theaterplatz blicken, auf den Gendarmenmarkt also, an dem auch Hoffmann wohnte. Seine Erzählung stellt den Berlinern ein gutes Zeugnis aus: Das Volk, heißt es, habe "an äußerer Sittlichkeit" gewonnen, weil es viel Neues, Ungewöhnliches erlebte und dabei die Geschmeidigkeit erlernte, sich über nichts zu wundern. Den Spuren E.T.A. Hoffmanns in der Stadt und dem Bild der Stadt in seinen Texten hat der kundige Berlinologe Michael Bienert sein neues Buch gewidmet. Er führt den Leser durch mehr als 200 Jahre Stadtgeschichte, rund um den Gendarmenmarkt und zum Collegienhaus an der Lindenstraße: Einst saß dort das Kammergericht, heute gehört es zum Jüdischen Museum. An der Seite Hoffmanns spaziert Bienert entlang der Straße Unter den Linden, die damals noch was hermachte, und durch den Tiergarten, er besucht Salons und kehrt in Weinstuben ein, auch das Theater wird besucht. Ein Buch für alle, die wissen, dass Vergangenes und Unheimliches immer anwesend sind, man muss nur schauen können.

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