Berlinale 2011:Dünnes B an der Spree

Diane Kruger, Colin Firth und ein bisschen Madonna: Dass die ganz großen Stars diesmal nicht nach Berlin kommen, will das Filmfestival nutzen, um neue Wege zu beschreiten.

Toni Lukic

Eines vorneweg: Die 61. Berliner Filmfestspiele werden kein Schaulaufen der Stars. Nach der großen Jubiläumsparty zum 60. Geburtstag 2010 mit vielen prominenten Gästen wie Leonardo DiCaprio, Martin Scorsese oder Shahrukh Khan werden dieses Jahr kleinere Brötchen gebacken. Die Berlinale will sich wieder auf ihre Anfänge besinnen.

Actress Diane Kruger arrives at the 16th annual Screen Actors Guild Awards in Los Angeles

Wenig Prominenz, viel Leinwand: Diane Kruger wird einer der wenigen Hollywood-Stars auf dem roten Teppich der Berlinale sein, die vom 10. bis 20. Februar Filmschaffende vereint.

(Foto: REUTERS)

Konkret bedeutet das: Die Aufmerksamkeit der Festival-Besucher soll weg vom roten Teppich hin auf die Leinwand gelenkt werden. Nach dem großen Jubiläum, so Festival-Direktor Dieter Kosslick, "haben wir uns gesagt: Wir machen mal ein anderes Programm und versuchen, neue Formen und Tendenzen im Weltkino zu entdecken", erklärte er die Marschroute für die 61. Berlinale. Vier Filme werden in 3-D gezeigt, unter anderem Wim Wenders' Tanzfilm Pina, der im Wettbewerb außer Konkurrenz läuft.

Dabei wird das Programm schlanker ausfallen als es Kosslick genehm sein dürfte. Standen im vergangenen Jahr noch 20 Filme im Wettbewerb um den Goldenen Bären, sind es dieses Jahr nur 16. Eigentlich sollte es einer mehr sein, doch die Filmadaption von Goethes "Faust" des russischen Regisseurs Alexander Sokurow ist nicht rechtzeitig fertig geworden. Auch die neuesten Filme von David Cronenberg (A Dangerous Method), Lars von Trier (Melancholia) und Terrence Malick (The Tree of Life) sucht man im Programm vergeblich. Die Filmemacher warten bis zum Mai in Cannes, um ihre jüngsten Werke dem Film-Publikum vorzustellen. Aus den Absagen will die Festival-Leitung eine Not zur Tugend machen und mit vier Jungregisseuren im Wettbewerb "eine neue Note setzen".

Im Programm der Sektion Panorama befinden sich insgesamt 51 Filme, die Themenschwerpunkte wie Korruption, Migration und Homosexualität behandeln. Um letzteres Thema geht es auch bei den Teddy Awards, die dieses Jahr ihren 25. Geburtstag feiern und als bedeutendster Filmpreis für Filme mit schwul-lesbischem Hintergrund gelten. Zum Jubiläum wird im Berliner Flughafen Tempelhof eine große Gala veranstaltet, wo der Teddy am 18. Februar verliehen wird.

Eröffnen wird das Festival am Donnerstag, 10. Februar, der Western True Grit von den Coen-Brüdern mit Jeff Bridges, Matt Damon und Josh Brolin. Das Remake von John Waynes Der Marshall läuft in den USA zwar schon seit Weihnachten in den Kinos, soll aber für etwas Hollywood-Glanz sorgen. Bis auf Damon wird die ganze True-Grit-Crew auflaufen, ebenso die Darsteller des Oscarfavoriten The King's Speech, Colin Firth und Helena Bonham Carter. Beide Filme laufen außer Konkurrenz. Liam Neeson wird den in Berlin gedrehten Action-Thriller Unknown präsentieren. Weltpremiere feiert ebenfalls Margin Call mit Kevin Spacey in der Hauptrolle, der im Wettbewerb um den Goldenen Bären vertreten ist.

Mit Diane Kruger, Harry Belafonte, Ralph Fiennes, Vanessa Redgrave, William Hurt und Stanley Tucci werden weitere prominente Gesichter in Berlin erwartet. Ein Ehrenbär für sein Lebenswerk wird dem 80-jährigen Armin Mueller-Stahl verliehen. Gespannt sein dürfte die Boulevard-Presse auf Madonnas Auftritt: Am ersten Festivalwochenende wird die Pop-Queen einen Schnipsel ihres neuen Films W.E. zeigen, indem es um die Beziehung zwischen dem britischen König Edward VIII. und der Amerikanerin Wallis Simpson geht. Allerdings ist der Drei-Minuten-Teaser bisher das Einzige, was von dem Projekt realisiert beziehungsweise produziert wurde.

Dass sich die Berlinale auch als Festival mit politischem Engagement versteht, beweist die Wahl Jafar Panahis zum Mitglied der Jury. Der iranische Regisseur wurde im Dezember zu sechs Jahren Gefängnis und 20 Jahren Berufsverbot verdonnert. Da das Urteil noch in Revision ist, hat die Festival-Leitung Hoffnung, dass Panahi doch noch nach Berlin ausreisen darf. Selbst dem iranischen Kulturminister sei die verhängte Strafe zu drastisch, so Kosslick. Auf dem Festival werden fünf seiner Filme gespielt, darunter der bereits 2006 mit dem silbernen Bären ausgezeichnete Film Offside.

Für unfreiwillige politische Brisanz sorgte ein Ereignis im Vorfeld der Berlinale: Anfang Februar wurde der Dokumentarfilm Khodorkovsky über den russischen Regierungskritiker Michail Chodorkowskij aus den Berliner Produktionsräumen gestohlen. Wer für den Einbruch verantwortlich ist, sei noch nicht klar, so die Produktionsfirma. Der Film des Regisseurs Cyril Tuschi werde dennoch am 14. Februar in der Kategorie Panorama Premiere feiern. Die Festival-Leitung besitzt eine Kopie des Films - allerdings ohne deutsche Untertitel.

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