Berlinale:Liebe selbstgemacht

Berlinale: Eine Frage des Überschusses - Greta Gerwig und Ethan Hawke zurren ihre Beziehung fest und den großen Roman ihrer Liebe.

Eine Frage des Überschusses - Greta Gerwig und Ethan Hawke zurren ihre Beziehung fest und den großen Roman ihrer Liebe.

(Foto: Berlinale)

Sie kann auch nüchtern und cool: Greta Gerwig in dem Film "Maggie's Plan" von Rebecca Miller.

Von Fritz Göttler

Greta Gerwig, das unbefangene Nerverl aus den Filmen von Noah Baumbach - sie war "Frances Ha" und "Mistress America" -, kann auch nüchtern und cool. "Maggie's Plan" heißt der Film von Rebecca Miller, in dem sie eine junge Frau spielt, Maggie, die ihr Leben durchaus mit Ordnungssinn gestaltet. Eine Stadtpragmatikerin. Rebecca Millers Vater war der Dramatiker und Marilyn-Ehemann Arthur Miller, sie ist die Frau des obsessiven Schauspielgrüblers Daniel Day-Lewis.

"Maggie's Plan" ist ein vibrierender kleiner Film, der voriges Jahr auf dem Festival in Toronto begeistert aufgenommen wurde, auf der Berlinale läuft er in der Reihe Panorama, die seit vielen Jahren, zusammen mit dem Internationalen Forum des Jungen Films, dem strengen, manchmal eher bemühten Wettbewerb ein wenig auf die Sprünge hilft, sich denkbar eigentümlichen, sehr oft sogenannten queeren und daher immer auch politischen Themen widmet. Dieses Jahr stehen unter anderem "Don't Blink - Robert Frank" von Laura Israel, "Remainder" von Omer Fast, "Tras el cristal/Glass Cage" von Agustí Villaronga oder "While the Women Are Sleeping" von Wayne Wang auf dem Programm.

"Maggie's Plan" ist, anders als seine Heldin, ein spritziger und überquellender Film. Maggie arbeitet an der Uni in New York und möchte ein Kind, aber ohne alles Drumherum, romantisch ist sie in Sachen Liebe regelmäßig überfordert. Von einem Ex-Studienfreund, der nun in diversen Pickles handelt, kriegt sie das nötige Sperma, in einem Glas. An Ehe denkt sie nicht bei diesem (ersten) Plan. Aber dann lernt sie Ethan Hawke kennen, der ebenfalls an der Uni lehrt und daneben einen großen Roman schreibt. Er kommt manchmal im Lederoutfit daher und hockt sich, ganz selten, an einen Tisch in einer chinesischen Spielspelunke. Er hat auch genug von seiner Frau und seinen zwei Kindern - die Frau ist Julianne Moore, ebenfalls wissenschaftlich tätig, eine Dekonstruktivistin mit dänischem Zungenschlag.

Das ist durch und durch amerikanisch, sagt Rebecca Miller, diese Idee der Self-made-Person. Für die es hart ist, ihr Geschick dem Schicksal zu überlassen. Ordnung reimt sich hier durchaus auf Sittlichkeit, auch auf Sinnlichkeit - schon in Millers Film "The Private Lives of Pippa Lee" gab es eine intensive Beziehung zwischen Robin Wright und Keanu Reeves. Sehr sexy ist es nun, wenn Maggie im langen Flanellnachthemd daherkommt und von Ethan Hawke aufgeknöpft wird, peu à peu.

Die amerikanische Gesellschaft ist im Umbruch, es gibt Konfusion und Unsicherheit - aber dass Frauen ein Leben so pragmatisch gestalten können, ohne das traditionelle Konstrukt der Ehe, das findet Rebecca Miller ganz famos. Nach drei Jahren Gemeinsamkeit wird es Zeit für den nächsten Plan von Maggie und ihrer Tochter. Die Liebe zu Ethan Hawke ist weg, und der Roman immer noch nicht fertig. Dafür keimt bei Julianne Moore das Gefühl, dass sie doch wieder mit Hawke könnte - und eine gemeinsame Tagung in Québec bestätigt das, nachts im Wald, im Schnee.

Der Film feiert die Destruktion in der Liebe, nur sie garantiert Frische, Frechheit, Freiheit. Das Vergleichswort like, das im Englischen wie, irgendwie, desgleichen bedeuten kann, bekommt eine kräftige Abreibung. Es beraubt die Sprache ihrer Fruchtbarkeit und Extremität, und im Film wird es deshalb zum Kondomwort erklärt.

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