Begriff "Reinheit": Nicht nur sauber

"Auf praktisch jedem Produkt der modernen Warenwelt, das mit dem Körper in Berührung kommt, findet sich ein Hinweis auf Reinheit." Illustration: Christian Tönsmann

Von der unbefleckten Empfängnis bis zur Schönheitsmilch: Warum unsere Kultur immer noch vom Ideal der Reinheit besessen ist.

Rein? Eigentlich ist es ganz einfach, sagt die Biologin. Du bist ein Biotop auf zwei Beinen. Auf jedem Quadratzentimeter deiner Haut wohnen mehrere zehntausend Bakterien, Milben und winzige Spinnentierchen. In deiner Mundhöhle und auf der Oberfläche meiner Zunge krabbeln Amöben, unter den Fingernägeln und Achselhöhlen und zwischen den Zähnen Bakterien, und im Darm sowieso. Wir tragen viele Milliarden Mitbewohner auf und in uns herum, deutlich mehr, als wir Körperzellen haben. Der menschliche Körper ist eine Wohngemeinschaft - "Mikrobiom" ist der neue Ausdruck, den die Medizin dafür verwendet. Nicht nur, dass alle Menschen auf dem Planeten recht eng miteinander verwandt sind: In unserer DNA steckt auch Erbsubstanz, die unsere Vorfahren durch horizontalen Gentransfer erworben haben, nämlich durch Bakterien, Pilze und Viren.