"Battle of the Sexes" im Kino:Ball-Lektionen für einen Macho

"Battle of the Sexes" mit Emma Stone und Steve Carell erzählt tragikomisch von einem legendären Geschlechterkampf auf dem Tennisplatz - und ist tatsächlich ein Stück Feminismusgeschichte.

Von Susan Vahabzadeh

Sollte jemand - das wäre angesichts der Enthüllungen der letzten Wochen rund um den Weinstein-Skandal und die Me-Too-Debatte nicht ausgeschlossen -, zu dem Schluss kommen, die Sache mit den Frauenrechten trete auf der Stelle, so sei ihr oder ihm die Geschichte des "Battle of the Sexes" ans Herz gelegt.

Dieser Kampf fand am 20. September 1973 in Houston statt. Billie Jean King, damals die beste Tennisspielerin der Welt, war der Herausforderung des 55-jährigen, etwas abgehalfterten Ex-Tennis-Spielers Bobby Riggs gefolgt. Er behauptete von sich, immer noch jede Frau auf dem Tennisplatz schlagen zu können, weil Frauen weder die Kraft noch "die emotionale Stabilität" hätten, gegen einen Mann zu gewinnen. Frauen, blökte Riggs, gehörten "ins Schlafzimmer und in die Küche, in dieser Reihenfolge".

Damals fanden viele Leute das sehr lustig. Manche Frauen waren auch damals nur bedingt amüsiert. Es wurde jedenfalls ernstlich der Geschlechterkrieg befürchtet, und da war so eine Schlammschlacht, ein Stellvertreterkrieg auf dem Tennisplatz sozusagen, eine willkommene Erholung. 50 Millionen Menschen verfolgten in den USA vor dem Fernseher, wie Billie Jean King Riggs in drei Sätzen besiegte. Sie hatte, so formulierte es ein Zuschauer in einem Leserbrief ans Time Magazine, ein "Chauvi-Schwein in ein Chauvi-Kaninchen verwandelt".

Das ist so eine Geschichte, bei der man sich fragt, warum sie nicht längst jemand verfilmt hat. Es gibt allerdings tatsächlich insgesamt nicht viele Filme, die sich mit der Geschichte des Feminismus befassen. Billie Jean King, wie die Regisseure Valerie Faris und Jonathan Dayton ("Little Miss Sunshine") sie zeigen, ist in der Tat ein Stück Feminismusgeschichte. Und dazu noch ein schwelgerischer Siebziger-Jahre-Kostümfilm.

Die Geschichte beginnt mit einem Termin in einem Hinterzimmer. Billie Jean (Emma Stone) und ihre Managerin Gladys Heldman (Sarah Silverman) haben einen Termin bei Jack Kramer (Bill Pullman), dem Gründer des Tennisverbands. Billie Jean und Gladys sehen nicht ein, warum die weiblichen Spieler bei Turnieren nur einen Bruchteil des Preisgelds bekommen, das Männern zugeteilt wird - obwohl doch die Tickets zu ihren Spielen genauso viel kosten. Und auch genauso viele davon verkauft werden. Gladys muss Kette rauchen, um cool zu bleiben, Billie Jean aber hat Nerven wie Drahtseile: Sie weiß zwar nicht, wie das laufen soll, aber sie schmeißt hin, als Kramer entgeistert ablehnt, den Frauen mehr Geld zuzugestehen. Dann werden die Frauen eben in Zukunft ihre eigenen Turniere aufziehen. Die beiden rauschen ab wie die Königinnen. Aber sie haben keine Ahnung, wie es nun weitergehen soll.

Es ging aber weiter, es gelang Gladys Heldman tatsächlich, mit einem Sponsor - Zigaretten! - und einigen der besten Tennisspielerinnen weit und breit eine eigene Tour zu organisieren. Während nun die eine Figur, Billie Jean, auf der Reise von Stadt zu Stadt zu sich selbst findet, hat sich ein anderer verloren. Bobby Riggs (Steve Carell) sitzt in seinem Büro und langweilt sich. Das mit dem Arbeiten liegt ihm nicht so, und das, was er eigentlich will, hat ihm seine Frau Priscilla (Elisabeth Shue) verboten: Er spielt für sein Leben gern. Er würde alles verwetten, was er hat - das, was sie mit in die Ehe gebracht hat also, sonst ist da nicht viel -, wenn sie ihn nur ließe.

"Wer sollte denn sonst die Bälle aufsammeln?"

Aber wenigstens geht er heimlich in den Tennisklub und wettet mit seinen Kumpanen, dass er sie auch schlagen kann, wenn er nur auf einem Bein über den Platz hüpft. Priscilla kommt ihm wieder mal auf die Schliche und diesmal hat sie genug: Sie schmeißt ihn aus ihrer Villa, und er muss bei seinem Sohn aus erster Ehe auf der Couch schlafen.

Ungefähr um diese Zeit herum schießt er sich auf Frauentennis ein. "Ich hab nicht gesagt", blödelt Steve Carell im Film herum, "Frauen gehörten nicht auf den Tennisplatz. Wer sollte denn sonst die Bälle aufsammeln?" Die Spielerinnen hätten ein Viertel des Preisgelds verdient, weil sie nur ein Viertel so gut spielten, hat der echte Bobby Riggs gesagt, und damit bei Billie Jean King einen Nerv getroffen.

Riggs klopft dumme Sprüche und stopft Vitaminpillen in sich rein, anstatt zu trainieren

Er ruft sie immer wieder an, es wäre viel Geld zu verdienen, für beide, wenn sie gegen ihn spielt. Sie lehnt ab. Dann bequatscht er die Weltranglistenerste Margaret Court und gewinnt. Nun liegt es an Billie Jean, die Ehr e ihrer Geschlechtsgenossinen zu verteidigen gegen den lauten Prahlhans Bobby Riggs.

Es ist schon klar, warum Simon Beaufoy ("Slumdog Millionaire") in seinem Drehbuch so viel Zeit mit dem privaten Bobby Riggs verbringt - man kommt nicht drumrum, seine Schmach zu Hause in Zusammenhang zu setzen mit seinen markigen Sprüchen vor laufenden Kameras. Aber es gibt dann, wie zum Geschlechterausgleich, auch sehr viel von Billie Jeans Beziehungsproblemen zu sehen. Sie beginnt auf Tour eine Affäre mit einer Frau (Andrea Riseborough); das ist ein ganz schöner Nebenstrang, hat mit dem Battle of the Sexes aber letztlich wenig zu tun. Vielleicht wäre noch mehr von Bobbys Angeberei auch kaum zu ertragen. So ist es jedenfalls eine sehr unterhaltsame Dosis.

Das ist dann vielleicht, feministisch betrachtet, der Fehler dieses Films: Steve Carell spielt so lustvoll den albernen kleinen Macho, der seine private Seelenpein mit Großsprecherei bekämpft, dass er Emma Stone die Schau stiehlt. Die unglamouröse Sportlerin ist eben, auch wenn sie gut gespielt wird, lange nicht so unterhaltsam wie Carells Clown, der vor Kameras herumturnt, dumme Sprüche klopft und Vitaminpillen in sich hineinstopft, statt zu trainieren. Und weil man ja weiß, dass er verlieren wird, ist das viel lustiger anzusehen, als Machos es jenseits der Leinwand sind.

Der wahre Bösewicht ist sowieso nicht er, das ist der Verbandsmann Jack Kramer. Für ihn ist das kein Psychospielchen, es ist echter, vor allem finanzieller, Machterhalt. Dafür, dass er der eigentliche Feind ist, bekommt man nicht viel von ihm zu sehen. Aber vielleicht ist das im richtigen Leben auch so.

Battle of the Sexes, USA 2017 - Regie: Valerie Faris, Jonathan Dayton. Drehbuch: Simon Beaufoy. Kamera: Linus Sandgren. Schnitt: Pamela Martin. Musik: Nicholas Britell. Mit: Emma Stone, Andrea Riseborough, Sarah Silverman, Steve Carell, Elisabeth Shue, Bill Pullman. Fox, 121 Minuten.

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