Barock für alle:Lichte Lustbarkeiten

Barock für alle: Der Bau lässt viel Raum für die Kunst - und zum Feiern. Im und rund ums Bayerische Nationalmuseum zelebriert München "Barock für alle".

Der Bau lässt viel Raum für die Kunst - und zum Feiern. Im und rund ums Bayerische Nationalmuseum zelebriert München "Barock für alle".

(Foto: Nationalmuseum)

Einmal feiern, fast so opulent wie August der Starke - das Bayerische Nationalmuseum macht es an diesem Samstag möglich

Von Sabine Fischer

Peter Fox kann Dekadenz. "Lass uns Champagnersorten testen und versuchen, die Sterne mit Sektkorken zu treffen", singt der Berliner Hip-Hopper in seinem Song "Der letzte Tag" und erzählt dabei von Orgien, von Luxus und davon, im Bewusstsein der eigenen Vergänglichkeit alles noch mal so richtig auf die Spitze zu treiben. Dieses Lebensgefühl gehört fast so sehr ins Heute wie ins Gestern, denn treffender könnte man auch die Feierkultur des Barock kaum beschreiben. Im Bayerischen Nationalmuseum will man diesem Gefühl am diesem Samstag mit einem Sommerfest nachspüren. Gepuderte Hofdamen, die durch Schlossgärten tanzen. Feine Runden, die an meterlangen Tafeln dinieren und sich anschließend auf Gondeln übers Wasser tragen lassen. Barocke Festgesellschaften gelten bis heute als Inkarnation feudaler Dekadenz - ausschweifend, prunkvoll, luxuriös. Also eigentlich alles, was man heute gemeinhin eher problematisch findet. Wir haben ja schließlich was dazu gelernt, Nachhaltigkeit und so. Ganz so fremd ist uns der Barock mit seinen ausladenden Partys dann freilich doch nicht, waren die Feste des Adels im Kern doch vor allem eins: Marathons der Selbstinszenierung.

Im berühmten Zeithainer Lustlager feierte sich beispielsweise August der Starke einst 30 Tage lang selbst - und wurde damit zum Aushängeschild für die Verschwendungs- und Vergnügungssucht einer ganzen Epoche. Nicht nur ließ der sächsische Kurfürst dabei knapp 50 Adlige anreisen, die die frisch polierten Uniformen seiner Militärtruppen bestaunen sollten. Daneben sorgte er mit seinem Rahmenprogramm auch für neue Maßstäbe in Sachen Feierkultur: Neben Opern, Maskenbällen und so manch anderen sinnlichen Vergnügungen ließ er von einem Stararchitekten gar einen Ofen für einen sieben Meter langen Stollen entwerfen. Ganz so dekadent wird es am Wochenende im Nationalmuseum nicht zugehen. Doch "Carpe Diem", die gegenwartsbejahende Lustformel des Barocks, soll auch hier die Feierlichkeiten bestimmen.

Denn zur Eröffnung des frisch renovierten Westflügels, der sich der Kunst des Barocks und des Rokokos widmet, zelebriert man fröhlich die Leitmotive der Epoche. Tanz, Musik, Feuerwerk - fast als wäre man selbst zu Gast im Lustlager der feudalen Elite. Nur dass das Fest im Hier und Jetzt gar nicht mehr so elitär ist. Das Barockfest im Nationalmuseum hat sich an die Zeiten angepasst und bietet unter dem Motto "Barock für alle" nun Geschichte, die sich nicht mehr hinter Glaskästen und Buchseiten versteckt.

Während im Museum also Kuratoren und Restauratoren zu verschiedenen Themen durch die neue Sammlung führen werden, spiegelt sich dabei auch im Garten die Leitmotivik der Epoche wider: Publikumswirksam soll dort die prunkvolle Feierkultur der Adelsgesellschaften lebendig und gleichzeitig an die Gegenwart geknüpft werden - so gegensätzlich sind beide bei genauerem Hinsehen nämlich gar nicht: In historischer Montur können sich Besucher dabei zum Beispiel beim Selfie-Shooting ablichten lassen oder als Hofmusiker eine Reihe von Instrumenten ausprobieren. Der Nachmittag und Abend werden hingegen - wie schon bei August dem Starken - von einem ausladenden Rahmenprogramm dominiert: Es wird getanzt, es wird gesungen, und zum Schluss soll bei einem Feuerwerk auch noch der Himmel brennen.

Die Münchnerin Jadwiga Nowczek hat aus ihrer Leidenschaft für barocken Tanz gleich eine ganze Geschäftsidee gemacht und reist mit ihrem Ensemble "La Danza München" nun von Show zu Show. Die Mitglieder tragen dabei nicht nur opulente Kostüme nach historischen Vorbildern, sondern haben in einer mehrjährigen Ausbildung auch Schrittfolge, Bewegungssprache und Choreografien der Epoche perfektioniert. Gegen 16 Uhr werden diese Tanzformationen auch für die Besucher erlebbar. Nowczek wird sie dann gemeinsam mit ihren Hofdamen in die Kunst des Menuetts einführen.

Auf dem Laufsteg holen Studierende der Mediadesign Hochschule München barocke Mode in die Moderne: Mit Kreationen, die an den Stil des 17. und 18. Jahrhunderts angelehnt sind, wollen sie Reifrock und Korsett einen individuellen Anstrich geben. Hübsch gepuderte Damen wird es also auch dort geben. Einen sieben Meter langen Stollen allerdings wohl eher nicht. Wie gesagt, wir haben eben dazu gelernt.

Barock für alle, Sa., 11. Juli, 14 bis 24 Uhr, Bayerisches Nationalmuseum, Prinzregentenstr. 3, Eintritt (auch sonntags zum Museum) frei

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: