Ausstellung:Nur ein Vorgeschmack

Ausstellung: Pascal Sébah: Fellachinnen beim Wassertragen am Nil-Ufer, Beni-Hassan, Ägypten, um 1870, Kollodiumpapier, Ankauf Antiquariat Fahl, 2010.

Pascal Sébah: Fellachinnen beim Wassertragen am Nil-Ufer, Beni-Hassan, Ägypten, um 1870, Kollodiumpapier, Ankauf Antiquariat Fahl, 2010.

(Foto: Münchner Stadtmuseum)

Das Fotomuseum präsentiert Neuerwerbungen

Von Evelyn Vogel

Kann man einer solchen Herausforderung annähernd gerecht werden? Kann man aus Tausenden von Fotos aus ganz verschiedenen Konvoluten, die auf sehr unterschiedliche Sammlungsintentionen zurückgehen, eine Überblicksschau konzipieren? Wie lassen sich die verschiedenen "Collector's Choices" kombinieren? Hier der Sammler, der systematisch zusammengetragen und stetig ergänzt hat, dort derjenige, der mit einer höchst individuellen, subjektiven Sicht auf verschiedene Fotografen, Epochen oder Themen in seiner Privatsammlung verbunden hat, was nur in seinen Augen eine Verbindung besitzt? Und was will, was kann man dem Betrachter damit verdeutlichen?

Hinzu kommt der unterschiedliche Blick, mit dem Fotografen zu verschiedenen Zeiten auf die Welt blickten. Früher, zu Beginn des Fotozeitalters, ging es vielfach darum, das Fremde, die Ferne zu dokumentieren. Das Alltägliche hatte man doch sowieso vor Augen. Im heimischen Umfeld wurde in der Regel nur abgelichtet, was herausragte aus dem Alltag. Auch deshalb waren ja die frühen Aufnahmen von Handwerkern oder Straßenszenen so ungewöhnlich. Heute zeichnet sich die zeitgenössische Fotografie gerade dadurch aus, dass sie das Alltägliche als das Besondere wahrnimmt und entsprechend dokumentiert und interpretiert.

In der fotografischen Sammlung des Stadtmuseums stand man also vor einer gewissen Herausforderung, als man sich vornahm, in der Ausstellung "Geschenkt. Gekauft. Gefunden" einen Ausschnitt aus dem Material zu präsentieren, das in den vergangenen zehn Jahren über Schenkungen und Ankäufe ans Haus kamen. Aber allein um die 2014 von dem Münchner Filmproduzenten und Sammler Dietmar Siegert erworbenen Schätze in Gänze der Öffentlichkeit vorzustellen - etwa 8400 Aufnahmen deutscher Landschaften und Städte sowie Porträts - wird man Jahre, wenn nicht Jahrzehnte benötigen, auch wenn davon schon einiges in den vergangenen Jahren zu sehen war. Dazu kommt der vollständige Nachlass des deutsch-amerikanischen Fotografen Hermann Landshoff mit mehr als 3600 Originalabzügen, die Schenkung zeitgenössischer Fotografie des Münchner Privatsammlers Wolfgang Begatik, die Schenkungen und Ankäufe verschiedener, zum Teil international renommierter Fotografen sowie historische Konvolute, die man in Antiquariaten entdeckte und erwarb. Tausende von Fotos, von Daguerreotypien bis hin zu zeitgenössischer Fotografenkunst.

Für die Ausstellung hat man die Fotos in Themenbereiche gegliedert. Das Resultat ist leider nur bedingt erhellend. Weil man hernach nicht wirklich ein Gefühl dafür hat, wie groß oder klein, wie bedeutsam oder vielleicht auch nur skurril die einzelnen Sammlungen sind. Serien und Stillleben überschneiden sich in manchen Bereichen, lappen ins zeitgenössische Porträt hinein. Gesellschaftsthemen werden ebenso seriell aufbereitet wie Architekturen, ohne dass dies wiederum in einen Zusammenhang gebracht werden würde.

Am stärksten wirkt die Schau daher dort, wo Ausschnitte aus weniger umfänglichen Übereignungen oder aus sehr homogenen Sammlungen oder von einzelnen Fotografen gezeigt werden. Ein Schatzkästchen sind die drei Fotoalben von Ernst Becker. Dieser war Mitte des 19. Jahrhunderts Bibliothekar und Privatsekretär am britischen Hof von Königin Victoria und Prinz Albert. Die Alben mit 297 eingeklebten Fotografien müssen hinter Glas verwahrt werden. Deshalb hat man versucht, mit Hilfe eines Videos Einblicke in die Alben zu geben - irgendwie charmant, aber auch altmodisch in unserer 3D-Ära, in der man sich wünschen würde, auf einem Tablett selbständig virtuell durch das Album wischen zu können.

Was bleibt ist der Eindruck eines etwas ungeordneten Bilderbogens, der nur einen recht oberflächlichen Eindruck davon vermitteln kann, was in einer Dekade zusammenkam und den Weg in die Sammlung fand. Als Appetizer zur Vorbereitung auf detaillierte Einzelschauen mag das genügen. Um den historischen Wert all dessen deutlich zu machen, was in den vergangenen zehn Jahren geschenkt, gekauft und gefunden wurde, reicht das leider nicht.

Geschenkt. Gekauft. Gefunden. Ankäufe und Schenkungen der letzten zehn Jahre. Fotomuseum im Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, bis 31. Juli, Di-So 10-18 Uhr

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