Ausstellung: Neues Afrika:Diesseits von Afrika

Hipness statt Hungersnot: Eine Auswahl der berühmten Fotobiennale Bamako beweist, dass unser Bild von Afrika hoffnunglos veraltet ist - und zeigt erstmals schafft eine moderne Sicht auf den Kontinent.

Cornelius Wüllenkemper

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Sammy Baloji, Gécamines 4

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Hipness statt Hungersnot: Eine Auswahl der berühmten Fotobiennale Bamako zeigt, dass unser Bild von Afrika hoffnunglos veraltet ist - und zeigt erstmals schafft eine moderne Sicht auf den Kontinent. Die Bilder.

"Um die Exotik und die mysteriöse Schönheit des schwarzen Kontinents fotografisch festzuhalten, hat sich zunächst eine Art Jagdsport auf Bilder entwickelt, der seinen Motiven wie in einem Spiel nachstellte. Westliche Fotografie bildet Afrika gewöhnlich nur in pathologischen Bildern ab: Krankheit, Korruption und Armut. Die globalen Medien haben kein Interesse am normalen Afrika."

Der nigerianische Kurator, Dichter und Fotografiedozent Okwui Enwezor formulierte diese Diagnose 1996, als er die legendäre Ausstellung zur afrikanischen Fotografie im Guggenheim Museum in New York kuratierte. Die Schau, die erstmals die Porträt- und Dokumentararbeiten von 30 afrikanischen Fotografen außerhalb Afrikas präsentierte, gilt bis heute als Auftakt der steigenden internationalen Wahrnehmung afrikanischer Fotografie. Diese war bereits in der Kolonialzeit auf dem Kontinent angekommen.

Zwei Jahre vor der Guggenheim-Ausstellung hatten zwei französische Fotografen im malischen Bamako die "Rencontres Africaines de la Photographie" ins Leben gerufen. Ihnen war auf einer Reportagereise die außergewöhnliche Qualität der örtlichen Studioporträtfotografen Seydou Keita und Malick Sidibe aufgefallen. Beide gehören heute zu den bedeutendsten Vertretern der afrikanischen Fotografie.

Text: Cornelius Wüllenkemper/SZ vom 22.12.08

Alle Bilder aus der besprochenen Ausstellung.

Lolo Veleko, Kepi in der Bree Street

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Die Fotobiennale in Bamako, die 2007 zum siebten Mal stattfand, hat sich inzwischen zum renommiertesten fotografischen, gar kulturellen Festival Afrikas entwickelt. Akindbode Akinbiyi, einer der Kuratoren der letzten Rencontres von Bamako, wählte nun für die ifa-Galerie in Berlin elf Künstler aus, deren Werke dokumentieren sollen, dass die afrikanische Bilderwelt weitaus mehr zu bieten hat als Exotik, Hungersnöte, Bürgerkriege und Epidemien.

Akinbiyi konzipierte die Schau "Spot on . . . Bamako", um den Reichtum der jungen afrikanischen Fotografie in Deutschland zu präsentieren und um gegen die Vermarktung Afrikas als "verrotteter Kontinent, der Hilfe von außen braucht" anzugehen. Und die Schau zeigt wahrlich ein in Europa weitgehend unbekanntes, modernes Afrikabild.

So porträtiert die 1977 in Südafrika geborene Nontsikelelo "Lolo" Veleko junge, modisch gekleidete Großstädter, die selbstbewusst vor der Kamera posieren. Fast scheint es, als wenn sie herausfordernd vorführen wollen, dass unsere Bilderwelt von Afrika hoffnungslos veraltet ist und das Alltagsleben sich kaum von dem in Europa unterscheidet.

Aida Muluneh, Der Geist der Schwesternschaft

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Das zeigen auch die Bilder von Aida Muluneh aus Äthiopien, die in der Reihe "Ethiopian light" traditionelle Motive dem heutigen Alltagsleben ihrer Heimat gegenüberstellt: eine junge Frau, die im Café beim Latte Macchiato mit zwei Herren flirtet, ein Vater, der seine Tochter zur Schule fährt - Bilder, die an die afroamerikanische Bildungsschicht erinnern, und in Wirklichkeit das normale Afrika zeigen.

Jodie Bieber

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Dass sich unser oft pessimistisch geprägtes Afrikabild sehr einfach umkehren lässt, beweist auch Jodi Bieber aus Johannesburg, die im Mai die erste Fotobiennale der islamischen Welt in Iran gewann. Ihre Aufnahmen von Elendsvierteln im Umland von Valencia spielen gekonnt mit den Erwartungen des europäischen Betrachters: steppenartige Landschaften, in denen Menschen in finsterstem Elend zwischen Leben und Tod vegetieren, gibt es nicht nur in Afrika, sondern auch in Europa.

Mohamed Camara, Manchen Morgen bin ich ein Kaktus in Sibierien

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Ebenso überraschend sind die mysteriösen Selbstporträts in afrikanischen Schneelandschaften von Mohammed Camara, einem der Preisträger der letzten Bamako-Biennale. Der 25-Jährige wollte ursprünglich Fußballer werden. Heute ist er einer der wenigen jungen Fotografen aus Afrika, die von ihrer Kunst leben können.

Saidaou Dicko, Suka

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"Spot on . . . Bamako" dokumentiert also auch, wie Afrikas Fotografie-Szene sich nunmehr international etabliert hat. Auch das International Center of Photography in New York zeigte 2006 eine viel beachtete Ausstellung mit über 280 Werken. Dennoch kämpfen Fotografen in Afrika noch immer mit schwierigen Produktionsbedingungen: oft mangelt es an Fotomaterial, Akkus für Digitalgeräte, einem stabilen Stromnetz, aber auch an Anerkennung der Fotografie als eigenständiger Kunstform.

Die vor zwei Jahren in Bamako gegründete "Maison africaine de la photografie" ist bis heute auf der Suche nach einem Sitz. Seit 20 Jahren bildet ein Bildungszentrum zwölf Nachwuchsfotografen pro Jahr aus. Dessen Direktor Youssouf Sogodogo hofft, dass eines Tages die Abzüge seiner Schüler für die Biennale nicht mehr in Europa, sondern in Mali hergestellt werden.

"Spot on . . .Bamako. VII. Rencontres Africaines de la Photographie." ifa-Galerie Berlin, Linienstraße 139/140, Tel. 030-22679616. Bis 11. Januar 2009. Ab 30. Januar: ifa-Galerie Stuttgart, Charlottenplatz 17, Tel.0711-2225173.

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