Ausstellung:Lobhudelei für Liebloses

Ilse Aigner und Veronica Ferres eröffnen auf dem Bavaria-Gelände eine Ausstellung für Besucher, die anhand dürftiger Exponate die Erfolge der bayerischen Filmwirtschaft bestaunen sollen

Von Josef Grübl

Natürlich könnte man erst einmal ein bisschen lästern. Über die bescheidene Aufmachung etwa und die dauerdudelnde Blaskapelle, über die faden Reden oder die Lobhudeleien von Veronica Ferres. Wie gesagt könnte man das jetzt tun, stünden nicht so ehrenvolle Absichten hinter diesem Projekt. Die Initiative "Filmkulisse Bayern" hat zur Eröffnung einer Ausstellung in die Bavaria Filmstadt eingeladen, vom 27. Juli an dürfen die Besucher einen Blick hinter die Kulissen von hierzulande entstandenen Kinofilmen und Fernsehserien werfen. Gezeigt werden Requisiten, Trailer und Fotos von aktuellen Produktionen; einige davon sind sogar so neu, dass sie noch nicht einmal in den Kinos angelaufen sind.

Die Tour durch die Filmstadt soll attraktiver werden, die Ausstellung setzt auf das Geschäft in den Sommerferien. Vor allem aber geht es hier um Standortmarketing: "Seht her, was für tolle Filme und Serien in Bayern entstehen", ruft sie einem entgegen, man müsse sich im ewigen Vergleich mit der Filmhauptstadt Berlin nicht verstecken. Das stimmt, dafür braucht man sich nur einmal die Zahlen ansehen: Die zwei erfolgreichsten Kinofilme der vergangenen Jahre entstanden in Bayern ("Fack ju Göhte" und "Fack ju Göhte 2"), auch erfolgreiche Fernsehfilme ("Tannbach - Schicksal eines Dorfs"). Als Standort für Filmtechnik und Postproduktion ist München ohnehin ungeschlagen.

Damit das auch in den Köpfen der Menschen ankommt, fahren die Organisatoren an diesem schwül-heißen Sommernachmittag reichlich Prominenz auf: Unter den Gästen sind einige Produzenten und Schauspieler, auf der Bühne stehen Staatsministerin Ilse Aigner, Bavaria-Chef Achim Rohnke und Veronica Ferres, letztere ist seit zwei Jahren die Schirmherrin der Initiative. In einem unscheinbaren Gebäude, das bislang als Publikumsfoyer diente und in dem Filmstadt-Besucher ihre Jacken und Taschen abgeben konnten, halten sie ihre Ansprachen. Es wird viel gelobt und gedankt, was man halt so sagt bei solchen Veranstaltungen. Zwischendurch sorgt eine Lobrede für spontane Freude, vor allem bei der Betroffenen: "Sie ist die Ministerin mit den allerschönsten Beinen", sagt Ferres über Aigner.

Eine Schauspielerin als Expertin für Politikerinnenhaxen? Ja, auch so etwas gibt es nur in Bayern. Die Ausstellung selbst steht dagegen auf eher schwachen Beinen: Zu zehn neueren Produktionen wurde in der Requisitenkammer gekramt, präsentiert werden zum Beispiel Chantals Schminkmaschine aus "Fack ju Göhte" oder eine Beinprothese aus der Rita-Falk-Verfilmung "Schweinskopf al dente", die im August in den Kinos anläuft. Das sind schon die Highlights, ansonsten gibt es noch ein paar Dirndl aus dem Kinoflop "Die Trapp Familie - Ein Leben für die Musik" zu sehen, eine kitschige Jesus-Figur aus den "Kluftinger"-Krimis oder einige technische Spielereien mit Virtual-Reality-Brillen. "Die Rosenheim-Cops" präsentieren sich in einem mäßig lustigen Einspielfilm auf einem Fernseher, der in ein alpenländisches Hüttenfenster eingebaut wurde, Geranien inklusive. Davor liegen ein paar uninspiriert drapierte Fotos herum. Auch wenn sich die Ausstellung laut Eigenauskunft gezielt "dem fachfremden, filmaffinen Publikum" öffnen will, muss man sagen: Das alles wurde etwas lieblos aus dem Ärmel geschüttelt, mit ein paar Fotos, Filmchen und Kostümen lockt man heute niemanden mehr an.

Dabei wäre so eine Schau, die zusätzliche Besucher nach Geiselgasteig lockt, derzeit besonders wichtig: Erst im März kritisierte der Bayerische Oberste Rechnungshof in einem Bericht den Betrieb, vor allem die schwachen Besucherzahlen im unbeliebten Bullyversum hätten "entscheidend zu den negativen Betriebsergebnissen" der Bavaria Filmstadt beigetragen. Das scheint aber niemanden zu stören, zumindest nicht auf der Bühne. Aigner lobt die Ausstellung, Ferres lobt Aigner und Rohnke lobt sich selbst: "Das ist eine tolle Koproduktion, die wir da hinbekommen haben." Der Geschäftsführer der Bavaria Film GmbH denkt eben in größeren Dimensionen. Die Auslastung der Studios sei sehr gut, erzählt er im anschließenden Gespräch, darauf kann er in der Tat sehr stolz sein. Erst vor ein paar Wochen schlugen die Kollegen vom Studio Babelsberg Alarm, die derzeitige Auslastung in ihren Filmhallen sei alarmierend. Internationale Produktionen gingen aufgrund attraktiverer Förderangebote und wegen Brexit-bedingter Währungsverschiebungen derzeit lieber ins benachbarte Ausland, die eigenen Zukunftsaussichten seien düster. Man betrachte die Situation aufmerksam und durchaus mit Sorge, sagt Rohnke, allerdings sei man in Babelsberg auch ganz anders aufgestellt. Dort konzentriere man sich auf internationales Kino und auf Stars wie George Clooney oder Brad Pitt, die Bavaria lebt dagegen hauptsächlich vom Fernsehen, von Shows oder Serien wie "Sturm der Liebe". Das ist zwar weniger glamourös, dafür dauerhafter und deutlich ertragreicher. "Unser Stuhl hat mindestens vier Beine", sagt Rohne, "daher wackelt er auch nicht so sehr." Wen kümmert da noch eine missratene Ausstellung?

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