Ausstellung:"Kunst hat mich nie interessiert"

Ausstellung: Zwölf Jahre lang war Ottmar Hörl Präsident der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste. Beim Festival "Offen auf AEG" wird eine 5000 Quadratmeter große Halle von seinen Schülern bespielt.

Zwölf Jahre lang war Ottmar Hörl Präsident der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste. Beim Festival "Offen auf AEG" wird eine 5000 Quadratmeter große Halle von seinen Schülern bespielt.

(Foto: Olaf Przybilla)

Im Oktober tritt Ottmar Hörl als Präsident der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg ab. Zuvor zeigen 60 ehemalige und aktuelle Studenten auf dem AEG-Gelände, was sie gelernt haben

Von Olaf Przybilla

Ottmar Hörl ist für die einen der bedeutendste Nürnberger Künstler seit Albrecht Dürer. Für die anderen nur der zweittalentierteste lebende Selbstvermarkter dieser Stadt. Die einen halten serielle Hasen, Gartenzwerge und Madonnen für einen genialen Reflex der Kunst auf die voranschreitende Konfektionierung des Lebens. Für die anderen sind seine massenhaft produzierten Plastikskulpturen nichts anderes als quietschbunte Banalitäten und kaum noch zu unterscheiden von Einrichtungsgegenständen schwedischer Möbelhäuser. Es gibt aber eine Seite Hörls, über die herrscht - so weit zu sehen ist - Einigkeit: Als Präsident der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste erfreut sich Hörl großer Beliebtheit. Zumindest bei jenen, die im Nürnberger Reichswald bei ihm studieren. Zwölf Jahre war Hörl dort Präsident, im Oktober endet seine Amtszeit. Vorher dürfen seine Studenten und Ex-Studenten auf dem früheren AEG-Gelände noch mal zeigen, was sie gelernt haben.

5000 Quadratmeter misst dort die größte der Ausstellungshallen, sie wird an diesem Wochenende ausschließlich bespielt von Hörl-Schülern. Würde man sagen können, was das große Gemeinsame all dieser Werke von insgesamt 60 Künstlern in einer Halle ist, so würde Hörl in seinen letzten Tagen als Akademiepräsident noch an seiner Profession als Kunst-Lehrer zweifeln. So eine "Hörllastigkeit", sagt er nach der vierten selbstgedrehten Kippe, das wäre ihm ein Graus. Man müsse die Leute einfach machen und eine Handschrift entwickeln lassen und nicht ständig fragen, ob das Kunst ist, was sie da gerade fabrizieren. "Kunst hat mich nie interessiert", sagt Hörl. Ein Bäcker macht Backwerk, da frage ja auch keiner: Ist das wirklich Backwerk? Und ein Künstler mache eben Kunst. Punkt. Viel spannender, als so öde Definitionsfragen, findet Hörl anderes: Dass sich die Leute an der Akademie als Persönlichkeiten entwickeln. Und dass sie - sollten sie am Ende wirklich Künstler werden - verstehen, um was es dann nicht zuletzt geht: "Der Künstler muss jemanden finden, dem er das Geld abnimmt." Er selbst mache das seit 40 Jahren, sagt Hörl. Und das zumindest wird niemand bestreiten können: sehr erfolgreich.

Ob noch jemand vom Multiplekünstler Hörl reden wird in hundert Jahren, weiß keiner. Als Präsident an der Akademie aber hat er Spuren hinterlassen. Hörl hat die Akademie Galerie ersonnen - Motto: raus aus dem Reichswald, rein in die Stadt. Er hat das Geld eingetrieben für den Erweiterungsbau der Akademie und auf den Weg gebracht, dass die fantastischen Pavillons von Sep Ruf demnächst saniert werden. Und er hat eine Nürnberger Künstlergeneration geprägt. "Ottmar ist einfach ein genialer Lehrer", sagt der Fotograf Tom Neumeier, der auf dem AEG-Gelände eine Bildserie präsentiert. Man sieht senegalesische Models, die er in blutrotes Tuch hüllt und sie wie Skulpturen im Wasser präsentiert. "Wie findste des", fragt Neumeier seinen Ex-Lehrer. "Zu klein", antwortet Hörl.

Das kann man so sehen: Die Halle wurde einst hochgezogen, um dort die weiße Ware eines Elektronikkonzerns vom Band laufen zu lassen. In Serie, wie die Ware Hörls. Kleinteilige Fotoserien haben es da nicht leicht. Das gilt für das gesamt Areal, für sämtliche Hallen, und trotzdem wird "Offen auf AEG" wohl auch diesmal 20 000 Besucher zur größten Kunstschau in Nordbayern locken. An diesem Wochenende sorgen Partys, Workshops und Kunstaktionen für Betrieb. Die Werke in den Hallen - insgesamt stellen 200 Künstler auf 12 000 Quadratmetern aus - sind noch bis 15. Oktober zu sehen. Besonders spannend: Das "Institut für Angewandte Heterotopie" präsentiert eine Utopie vom gegenüber liegenden Quelle-Gelände. Das steht ebenso leer wie Teile des AEG-Areals, auf dem ja mal Nürnbergs neue Universität entstehen sollte. Dafür aber war es zu klein.

Offen auf AEG, Samstag und Sonntag, 23. und 24. September, Samstag 12-21 Uhr, danach Party, Sonntag 12-19 Uhr; Ausstellung bis 15. Oktober, AEG-Gelände Nürnberg

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