Ausstellung:Knotenpunkt Afrika

Come on Board!
(Foto: Philip Kwame Apagya / Courtesy CAAC - The Pigozzi Collection, Genève)

China in Zimbabwe, Tschadsee und Ägypten: Eine fulminante Ausstellung im Pariser Musée du quai Branly zeigt, dass Afrika seit Urzeiten Verkehrsknotenpunkt, Umschlagplatz und Kulturentiegel war.

Von JOSEPH HANIMANN

Eine jahrtausendelang geschichtslose Abgeschiedenheit zwischen Urwald und Wüste, bis die arabischen, dann europäischen Eroberer dem endlosen Kinderglück der Einheimischen ein Ende setzten - diese Vorstellung vom afrikanischen Kontinent hat sich lange gehalten. Ein Kontinent, dessen Bewohner allenfalls über Flüsse und ein paar Trampelpfade miteinander kommuniziert hätten. Das Pariser Musée du quai Branly will in seiner Ausstellung "L'Afrique des routes" solchem Unsinn den Garaus machen. Der schwarze Kontinent als Verkehrsnetz für Menschen, Ideen und Waren, seit Urzeiten: Diese These verlangt nach Beweisen. Es gibt sie.

Eine Höhlenzeichnung in der algerischen Sahara aus dem ersten Jahrtausend vor Christus zeigt einen peitschenschwingenden Mann hoch zu Wagen. Tonskulpturen der Sao-Kultur, die in der Gegend des Tschadsees lebte, weisen Ähnlichkeiten mit ägyptischen Statuen auf und könnten neusten Datierungen zufolge diese letzteren beeinflusst haben, und nicht umgekehrt. Zimbabwe war nach 1100 eine Großstadt, in welcher der Porzellanhandel mit China blühte. Timbuktu zog unter Askia Mohamed, dem Kalifen von Sudan, im 16. Jahrhundert Astronomen, Geografen, Juristen, Grammatiker, Theologen von weit her an. Nur war man bis zur Ankunft der Araber ohne vereinheitlichte Schrift ausgekommen.

Auch vom Umriss des Kontinents gab es zunächst keine klare Vorstellung. Auf den frühen Weltkarten nach Ptolemäus verläuft Afrika südlich von Nil und Sahara ins Unbestimmte. Als Vasco da Gama dann aber den ganzen Kontinent umsegelte und die Forscher mit den Sklavenhändlern im Schlepptau auch die Flüsse hochfuhren, begann man, nach Karte zu reisen. Die eingesammelten Masken, Statuen und Werkzeuge faszinierten um 1900 in Paris Picasso und seine Kumpane. Und alles ist heute noch mehr in Bewegung, so sehr, dass manche hierzulande nur noch eines wollen: Verkehrswege abschneiden oder schließen, Grenzzäune errichten. Auf dem riesigen Umschlagplatz Afrika aber weiß man: Seit sich von dort das Menschengeschlecht über den Erdball ausbreitete, waren Meere, Gebirge, Wüsten und Zäune nie ein Hindernis.

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