Ausstellung:"Jessas, der Rudi!"

Das rief der Papst, als er den Fotografen erblickte. Klaffenböcks Bilder sind nun in Altötting zu sehen

Von Hermann Unterstöger, Altötting

Das Titelbild des kleinen Katalogs zeigt Papst Benedikt XVI. vor zehn Jahren auf dem Altöttinger Sportplatz. Eben ist er mit dem Hubschrauber gelandet. Er steht in der morgendlichen Sonne, in der seine Betreuer lange Schatten werfen, und schaut schräg in die Höhe. Was sieht er da? Im Vorwort des Katalogs hat man der kleinen Szene eine ironisierende Deutung zuteilwerden lassen: Benedikt erkennt unter den auf der Tribüne wartenden Fotografen einen Mann, der mit der Kirche schon manchen Strauß ausgefochten hat. Er lächelt auf seine anerkannt feine Art und sagt mehr zu sich selbst als zu den anderen: "Jessas, da Rudi!"

Das sind die Momente, in denen Rudolf Klaffenböck den Auslöser betätigt. Klaffenböcks Kunst zeichnet sich dadurch aus, dass sie um das Grelle und Vordergründige einen weiten Bogen macht. Es sind die kleinen Dinge, die Klaffenböcks Neugier wecken. Sein Auge sieht hinter dem Offenkundigen das Verborgene, Unscheinbare, Verworfene und Verachtete, und indem er genau dies in seinen Bildern festhält, schafft er eine neue Welt, die unserer banalen Realität das an Tiefe und Würde gibt, was sie von sich aus entweder nicht hat oder nicht zu zeigen weiß.

Der Künstlerseelsorger der Diözese Passau, Monsignore Bernhard Kirchgessner, formuliert es so: "Klaffenböck nimmt mit Adleraugen wahr, was außerhalb des Herkömmlichen liegt. Er dokumentiert das Außergewöhnliche des Ereignisses." Kirchgessner sagte das bei der Eröffnung der Ausstellung in Altötting, mit der des Papstbesuchs im September 2006 gedacht werden soll. Das Ereignis ist in der Wallfahrtsstadt unvergessen, und entsprechend groß wurden auch die Feierlichkeiten zum Jubiläum angelegt. Der Passauer Bischof Stefan Oster war als örtlich zuständiger Oberhirte zugegen, und da auch Benedikts Vertrauter Georg Gänswein gekommen war, hatte die Freude über fesche und zudem charismatische Würdenträger zwei nahezu gleich gute Anknüpfungspunkte.

Es wurde bei dieser Gelegenheit auch eine 2,30 Meter große Bronzefigur Benedikts XVI. enthüllt, mit der man aber weder dem emeritierten Papst noch dem exemplarisch schönen Altöttinger Kapellplatz einen Gefallen getan hat. Wer sich von diesem Monument erholen will, findet in Klaffenböcks Ausstellung das Richtige. Fern von allem Plakativen wird hier gezeigt, dass bei einer päpstlichen Pastoralreise das Hohe und das Banale auf meist heitere, hin und wieder sogar ergreifende Weise ineinander verfließen können. Dass es dabei nie zu höhnischen oder denunziatorischen Kompositionen kommt, sei zur vorsorglichen Beruhigung frömmerer Gemüter angemerkt.

Rudolf Klaffenböck ist aus der inzwischen legendären Passauer Kabarettszene hervorgegangen, verfügt also über das Herz, den Verstand und die künstlerischen Mittel, um mit der Kirche auf hohem Niveau das zu tun, was man gemeinhin "ein Hühnchen rupfen" nennt. In früheren Jahren hat er sich zu diesem Behuf oft krasse Aktionen einfallen lassen, die als steiler Jux missverstanden werden konnten, die jedoch letztlich Ausdruck eines Geistes waren, der der Wahrheit auf die Spur kommen wollte. Das mit den Aktionen hat sich gelegt, das mit der Wahrheitssuche nicht. Klaffenböck ist heute einer der großen Fotografen, und die Schau in Altötting zeigt, wie weit er auf dem Weg der Reife vorangekommen ist.

Papstbesuch Altötting/Marktl 2006, Haus Papst Benedikt XVI., Altötting, Kapellplatz 4, bis 31. Okt. tägl. außer Mo., 10 bis 16 Uhr

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: