Ausstellung:Forschergeist

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Die vier Träger der Bayerischen Förderpreise 2015 in der Sparte Bildende Kunst stellen in der Galerie der Künstler Arbeitsprozesse und Erkenntnisgewinne vor

Von Evelyn Vogel

Man kann sich vorstellen, dass Andreas Peiffer als kleiner Jungen auf sein Spielzeug eingedroschen hat, um herauszufinden, wann es kaputt geht. Und um dann neugierig die Einzelteile zu untersuchen, wo was wie gebrochen ist und wie es vielleicht hätte konstruiert sein müssen, damit das nicht oder jedenfalls anders geschehen wäre. Ob er das wirklich getan hat? Als Erwachsener setzt er in seiner künstlerischen Arbeit derartiges Austesten jedenfalls sehr systematisch ein. Dabei geht es dem 33 Jahre alten Künstler um das Ausloten von Grenzen, darum, was passiert, wenn Kräfte auf eine Konstruktion, auf Struktur und Material einwirken. In der Ausstellung der Bayerischen Kunstförderpreisträger zeigt er anhand einer Versuchsanordnung, wie man einem Schiffskörper zusetzen kann, bevor der seine Schwimmfähigkeit verliert - mit anderen Worten: absäuft.

Peiffer ist einer der Förderpreisträger, die alljährlich vom Freistaat ausgezeichnet und mit 6000 Euro unterstützt werden. Seit 1965 gibt es diesen Preis, mit dem Künstler der Bildenden und Darstellenden Kunst, der Musik, des Tanzes und der Literatur unterstützt werden. Die Liste, die im Laufe dieses halben Jahrhunderts zusammenkam, ist beachtlich, unter anderem finden sich darauf Namen wie Axel Milberg, Nina Kunzendorf, Michael Wollny, Klüpfel & Kobr, Nora Gomringer, Thomas Demand oder Loretta Lux.

Allen Preisträgern des Jahres 2015 wurde bereits Ende vergangenen Jahres die Auszeichnung überreicht. Die Bildenden Künstler können zudem ihre Arbeiten in einer Gruppenausstellung öffentlich präsentieren. Neben den Arbeiten von Peiffer sind Bilder, Objekte, Videos und Rauminstallationen von Gabi Blum, Matthias Glas und Philipp Gufler zu sehen.

Matthias Glas, geboren 1986, tut seinen Materialien konzeptuell Gewalt an. In seiner Serie "Gewalt an Dingen" dekonstruiert er die Objekte und entwickelt - oft mit einem Augenzwinkern - neue Präsentationsformen. So wird beispielsweise aus einer zusammengetackerten Matratze eine leicht schräge Reminiszenz an ein Chesterfield-Sofa.

Philipp Gufler, mit 26 Jahren der jüngste im Bunde, setzt sich in seinen Arbeiten mit politischen, künstlerischen und sozialen Bewegungen in München auseinander. In seiner aktuellen Videoarbeit "Becoming Rabe" nähert er sich der Figur Rabe Perplexum an, einer Münchner Performance- und Videokünstlerin, die sich zwischen Dada und Wiener Aktionisten bewegte, selbst auch einmal Kulturförderpreisträgerin nicht des Freistaats, aber der Stadt München war und 1996 im Alter von 39 Jahren Selbstmord beging. Gufler nutzt die Formsprache der Achtzigerjahre, um eine Überlagerung und Verschmelzung zwischen dem Gestern und Heute zu erzielen.

Gabi Blum, Jahrgang 1979, ist ebenfalls eine Forscherin. Sie untersucht Zeit und Ort und deren Wahrnehmung. In der Ausstellung kann man beispielsweise einen Raum begehen, der viel zu niedrig ist. Geduckt erforscht man ihn und das eigene Raumempfinden, starrt auf das Überwachungsvideo, fühlt sich in ein seltsames Paralleluniversum versetzt. Nur die Raumhöhe, nicht alles darin ist geschrumpft, so blieben die Relationen insgesamt erhalten und man empfindet nur sich selbst als Gulliver im Land der Zwerge. Die Einrichtung zeichnen sich durch Normalmaß aus. Ein irritierendes Gefühl, weil man sich seltsam manipuliert fühlt - ebenso wie beim Betrachten ihrer Videoarbeit.

So unterschiedlich die Arbeiten der vier Preisträger sind, allen ist gemeinsam, dass es um Dekonstruktionen im weitesten Sinne geht. Und was auf den erste Blick sinn- und wertfrei erscheint, entbehrt nicht selten eines tiefen kulturhistorischen Verständnisses. Leicht verständliche, offensichtlich gefällige Arbeiten entstehen dadurch nicht. Aber die Auseinandersetzung mit den Arbeiten, den Künstlern und ihren Anliegen zeigen neue Ansätze mit interessantem Erkenntnisgewinn.

Bayerische Kunstförderpreise Bildende Kunst 2015: Gabi Blum, Matthias Glas, Philipp Gufler, Andreas Peiffer, Galerie der Künstler, Maximilianstr. 42, bis 26. Februar, Mi-So 11-18 Uhr, Do bis 20 Uhr

© SZ vom 02.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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